Wärmere Meereströmungen gen Norden

Jan Oliver Löfken

Satellitenaufnahme der Westküste Norwegens und dem benachbarten Meer

Jeff Schmaltz/MODIS/NASA

Das arktische Meer erwärmt sich im Zuge des Klimawandels schneller als weiter südlich liegende Regionen. So verdoppelte sich – im Vergleich zum Eisverlust zwischen den Jahren 1996 und 2007 – auch die Gletscherschmelze auf Grönland im letzten Jahrzehnt. Den Ursachen dafür gingen Klimaforscher nun auf den Grund, indem sie den Wärmetransport gen Nordpol zwischen den Jahren 1993 und 2016 genauer untersuchten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ berichten, stieg besonders seit dem Jahr 2001 der Wärmefluss mancher Meeresströmungen des Golfstromsystems signifikant an.

Gemeinsam mit seinen Kollegen untersuchte Takamasa Tsubouchi von der Universität Bergen den Wärmetransport im Golfstromsystem, indem er mehrere gen Norden laufende Meeresströmungen analysierte. Dafür nutzte das Team vor allem Daten von Messbojen, die an verschiedenen Positionen wichtige Informationen zur Stärke der Strömungen und zu den Wassertemperaturen sammelten. Auf Basis dieser Daten analysierten die Klimaforscher über einen Zeitraum von 23 Jahren sowohl die Mächtigkeit der Strömungen als auch deren Temperatur. Damit ließ sich der regionale Wärmetransport genauer als bisher möglich bestimmen. „Wir konnten erstmals die zeitlichen Schwankungen des Wärmetransports im Ozean quantifizieren“, so Tsubouchi.

Über den gesamten Zeitraum führten die Meeresströmungen aus dem südlicheren Atlantik Wärme mit einer Leistung von 305 Terawatt in das Nordpolarmeer. Die Analysen ergaben, dass besonders seit dem Jahr 2001 die Wärmeleistung zunahm. Verantwortlich dafür machten Tsubouchi und seine Kollegen zwei größere Meeresströmungen zwischen Island, dem Färöer-Archipel und der Nordspitze von Schottland. Denn diese führten seit 2001 wärmeres Wasser entlang der norwegischen Küste gen Norden. Zusätzlich trug eine warme Nordströmung westlich von Island zum Anstieg des Wärmetransports bei.

Diese Studie könnte dabei helfen, den Zusammenhang zwischen dem Wärmetransport im Ozean und der Erwärmung der Arktis besser zu verstehen. Denn mit der Zunahme der Wärmeleistung, so Tsubouchi und seine Kollegen, lässt sich die heutige Erwärmung des Nordpolarmeeres mindestens zum Großteil, wenn nicht sogar vollständig erklären. Auch genauere Vorhersagen zum Meereis im Arktischen Ozean – das in den Sommermonaten immer großflächiger schwindet  – oder zum zukünftigen Klima in Europa, hält Tsubouchi auf Basis ihrer Daten für möglich.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/waermere-meerestroemungen-gen-norden/