Mit Ozeanographie den Jupiter erforschen
Anne-Dorette Ziems
Eigentlich könnten Erde und Jupiter kaum unterschiedlicher sein. Dass sie aber trotzdem mehr gemeinsam haben als bisher bekannt, haben Forschende jetzt anhand von NASA-Satellitenbildern herausgefunden. Dafür haben sie ungewöhnlicherweise Methoden aus der Ozeanographie, also der Meereswissenschaft, genutzt. Im Fachmagazin „Nature Physics“ berichten sie davon, wie uns Atmosphäre und Ozeane der Erde helfen können, die Stürme auf dem Jupiter zu verstehen.
In Wetterberichten auf der Erde ist oft von Wetterfronten die Rede: Regenfront, Gewitterfront, Kaltfront und weitere. Solche Fronten sind Grenzen zwischen Bereichen verschiedener Dichte in Gasen und Flüssigkeiten. Sie entstehen in Folge von Temperaturunterschieden, aber auch unterschiedlicher Salzgehalte im Ozean. An den Kanten von Fronten herrschen hohe vertikale Geschwindigkeiten, die für Winde oder Strömungen sorgen können.
Ein ähnliches Phänomen haben Lia Siegelman von der University of California und Co-Autor Patrice Klein vom California Institute of Technology nun auch auf dem Jupiter entdeckt. Schon länger untersuchen sie mit Methoden der Meereswissenschaft die Stürme auf dem Gasriesen: Für eine Physikerin seien Wasser und Luft beides Flüssigkeiten, so Siegelmann, und der Jupiter somit lediglich ein großer Ozean aus Gas. Flüssig und gasförmig sind zwar unterschiedliche Aggregatzustände, haben aber eine Gemeinsamkeit: In beiden können sich die einzelnen Moleküle bewegen. Deswegen können Gase und Flüssigkeiten in vielerlei Hinsicht physikalisch gleich behandelt werden.
Klare Fronten zwischen Wirbelstürmen
Deshalb analysierten sie Infrarotbilder, welche die NASA-Sonde Juno am Nordpol des Jupiters aufgenommen hat. Bereits in einer früheren Studie von 2022 hat Siegelman auf diesen Bildern Strukturen zwischen einzelnen Wirbelstürmen entdeckt, die mehrere Kilometer dick sind. Diese Strukturen werden Filamente genannt. Diesmal wollten die Forschenden herausfinden, welche Rolle diese Filamente spielen.
Weil es sich um Infrarotbilder – und damit Messungen der Wärmestrahlung – handelt, konnten Siegelman und Klein die Temperaturen aus den Aufnahmen ablesen. Als nächstes haben sie die Windgeschwindigkeiten berechnet und schließlich festgestellt, dass sich die Filamente auf dem Jupiter wie Fronten auf der Erde verhalten – mit hohen vertikalen Windgeschwindigkeiten an den Kanten. Diese Filament-Fronten tragen dazu bei, dass die Wirbelstürme erhalten bleiben: Sie transportieren Energie in Form von Wärme aus dem Inneren des Jupiters in die oberen Schichten und sorgen so für ein Viertel der Bewegungsenergie der Wirbelstürme.
Studien wie diese können auch helfen, Effekte auf der Erde besser zu verstehen. Laut Siegelman sei es sogar manchmal einfacher, Prozesse auf dem Jupiter zu erforschen. Der sei zwar deutlich weiter von uns entfernt, aber viel größer, sodass Phänomene, die bei uns auf der Erde eher im kleinen Stil erscheinen, besser sichtbar seien.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/wirbelstuerme-mit-ozeanographie-den-jupiter-erforschen/