Klimawandel bedroht die Hälfte aller Strände

Jan Oliver Löfken

Sandstrand mit Dünen, im Hintergrund ein rot-weiß gestreifter Leuchtturm

mthaler/iStock

Sylt leidet seit Jahrzehnten unter akutem Strandschwund. Jedes Jahr spült die Nordsee etwa eine Million Kubikmeter Sand von der Insel ab, der mühsam wieder aufgeschüttet werden muss. Dieses Schicksal droht mit zunehmender Erderwärmung mindestens der Hälfte aller Strände weltweit. Sie könnten bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein, wie nun eine Forschergruppe in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ berichtet. Die wichtigste Ursache sehen die Wissenschaftler im steigenden Meeresspiegel. Doch auch Stürme und veränderte Meeresströmungen tragen zur Erosion der Strände bei.

Michalis Vousdoukas vom Joint Research Center in Ispra analysierte gemeinsam mit seinen Kollegen die Entwicklung der Sandstrände, die sich weltweit etwa über ein Drittel aller Küstenlinien erstrecken. Sie untersuchten zahlreiche Satellitenbilder, um die Veränderungen der Küsten zwischen 1984 und 2015 zu analysieren. Auf dieser Grundlage entwickelten sie zwei mögliche Szenarien für den Schwund der Sandstrände bis zum Jahr 2100. Das eine Szenario geht von einem ungebremsten CO2-Ausstoß mit einer Erderwärmung von vier bis zu acht Grad aus. Die andere Vorschau berücksichtigt dagegen stagnierende bis zurückgehende CO2-Emissionen, die bis 2100 zu einer Erwärmung zwischen zwei und drei Grad führen könnten.

Selbst bei einem gebremsten Klimawandel, so die Forscher, verschwindet etwa allein in Australien bis zum Jahr 2100 mindestens 11400 Kilometer Strand – ohne verminderte CO2-Emission sogar knapp 15 000 Kilometer. Die Verluste an kanadischen Küsten beziffern die Forscher je nach Szenario mit etwa 6400 beziehungsweise 14 400 Kilometern. Danach folgen Chile, Mexiko, China und die USA, wo jeweils mindestens 4000 bis 5000 Kilometer der Strände verschwinden werden. Auch in Europa und Afrika droht der Verlust von einem Drittel bis zur Hälfte der Sandstrände.

Der Strandschwund wird laut Vousdoukas und Kollegen nicht erst zum Ende des Jahrhunderts stark ausgeprägt sein. Schon bis zum Jahr 2050 könnten die Strände weltweit um bis zu 100 Meter schrumpfen. Um den Strandverlust durch einen steigenden Meeresspiegel zu minimieren, sehen die Forscher als wichtigste Gegenmaßnahme die Reduktion der CO2-Emissionen. Zudem könnte ein intensiver Küstenschutz, wie er bereits in den Niederlanden praktiziert wird, den Verlust an Sandstränden durch Erosion oder Stürme bremsen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/klimawandel-bedroht-die-haelfte-aller-straende/