Einfache Waage für Schwarze Löcher

Rainer Kayser

Leuchtende Scheibe vor dunklem Hintergrund

Mark A. Garlick/Simons Foundation

Die Masse eines Schwarzen Lochs zu bestimmen, ist nicht immer einfach – insbesondere, wenn es sich im Zentrum einer weit entfernten Galaxie befindet. Ein Forscherteam stieß jetzt auf einen überraschenden Zusammenhang, der das „Wiegen“ von Schwarzen Löchern erleichtern könnte: Die Masse lässt sich offenbar anhand von Helligkeitsschwankungen der Materiescheibe ableiten, die viele Schwarze Löcher umgibt. Diese Methode funktioniere sowohl für die supermassereichen Objekte in Galaxienzentren als auch für stellare Schwarze Löcher, die einst aus Sternen hervorgingen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

Aufgrund der Drehimpulserhaltung fällt Materie nicht direkt in ein Schwarzes Loch, sondern nähert sich diesem auf einer Spiralbahn. Dadurch kann sich rund um das zentrale Objekt eine dichte Gas- und Staubscheibe formen, die sich aufheizt und extrem hell leuchtet: Bei supermassereichen Schwarzen Löchern strahlen diese Akkretionsscheiben teils heller als die gesamte umgebende Galaxie, obwohl sie nur etwa so groß sind wie unser Sonnensystem. Colin Burke von der University of Illinois in den USA und seine Kollegen berichten in der aktuellen Studie, dass physikalische Prozesse in der Akkretionsscheibe zu unregelmäßigen Schwankungen der Helligkeit führen. Welche Vorgänge dafür verantwortlich sind, sei bislang allerdings unklar.

Auf der Suche nach einer Erklärung werteten Burke und sein Team nun Archivdaten von verschiedenen supermassereichen Schwarzen Löchern aus. Dabei konzentrierten sich die Astrophysiker auf solche Objekte, für die sich die Masse mithilfe anderer Methoden gut abschätzen ließ. Insgesamt 67 Schwarze Löcher im Massenbereich von zehntausend bis zehn Milliarden Sonnenmassen erfüllten schließlich die Auswahlkriterien der Wissenschaftler. Zu ihrer Überraschung fanden Burke und seine Kollegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Masse eines Schwarzen Lochs und einer charakteristischen Eigenschaft der Helligkeitsschwankungen im optischen Bereich. Die gefundene Relation ließ sich aber nicht nur bei Schwarzen Löchern beobachten. Sie scheint auch für viel masseärmere Himmelskörper zu gelten, die ebenfalls von einer Materiescheibe umgeben sind, wie etwa Weiße Zwergsterne.

Das Ergebnis der Analyse deute darauf hin, dass bei allen Akkretionsscheiben – unabhängig von der Masse des zentralen Objekts – ein und derselbe physikalische Mechanismus für das Flackern verantwortlich ist, so die Forscher um Burke. Zwar sei dieser Prozess immer noch unbekannt, doch unabhängig davon eignet sich der beobachtete Zusammenhang, um die Masse von supermassereichen bis hin zu stellaren Schwarzen Löchern mithilfe von Helligkeitsschwankungen zu ermitteln.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/einfache-waage-fuer-schwarze-loecher/