Eine neue Waage für Quasare

Rainer Kayser

Großes rundes Teleskop steht auf einer Erhöhung in der Landschaft.

Gemini Observatory

Wie schnell sind supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren ferner Galaxien angewachsen? Eine neue Methode könnte schon bald dabei helfen, diese zentrale Frage der Kosmologie zu beantworten. Denn einem Forscherteam ist es nun gelungen, mithilfe der Strahlung aus der Nähe eines Schwarzen Lochs im Zentrum eines Quasars auf die Masse des Schwarzen Lochs zu schließen. Das neue Verfahren sei vergleichsweise einfach anzuwenden und genauer als bisherige Methoden, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

Grafik: Vulkanartige Öffnung aus der ein rot-weiß-blauer gezackter Lichtstrahl hervorgeht

Methode der Spektroastrometrie

Mit ihren Beobachtungen untersuchten Felix Bosco vom Max-Planck-Institut für Astronomie und seine Kollegen das Schwarze Loch im Zentrum des Quasars J2123-0050. Ein Quasar ist ein aktiver Galaxienkern, der – durch in das supermassereiche Schwarze Loch einfallende Gas – Strahlung abgibt. Allerdings fällt das Gas aus der Umgebung nicht direkt in das Schwarze Loch, sondern sammelt sich in einer rotierenden Scheibe um das Himmelsobjekt. Diese Akkretionsscheibe heizt sich durch die innere Reibung auf Temperaturen von bis zu einer Million Grad Celsius auf, wodurch sich Gaswolken in der Umgebung ionisieren und eine charakteristische Strahlung abgeben.

Eben diese Strahlung haben Bosco und seine Kollegen nun mit dem acht Meter großen Gemini-Nord-Teleskop des Mauna Kea Observatory auf Hawaii beobachtet und mithilfe der Spektroastrometrie analysiert, um das Schwarze Loch im Quasar J2123-0050 zu wiegen. Bei dieser Methode nutzen Forscher die genauen räumlichen Verteilungen und Wellenlängen der Strahlung, um zu ermitteln, wie sich die Gaswolken bewegen. Damit lässt sich dann die Masse des zentralen Körpers bestimmen, um den diese Gaswolken kreisen. Für das Schwarze Loch im Quasar J2123-0050 ergab sich so eine Masse von höchstens 1,8 Milliarden Sonnenmassen.

„Doch die exakte Massenbestimmung war gar nicht das Hauptziel unserer Beobachtungen“, erläutert der beteiligte Forscher Jörg-Uwe Pott. Vielmehr wollten die Forscher zeigen, dass die Methode der Spektroastrometrie bereits mithilfe der heute verfügbaren Teleskope funktioniert und sich damit als Waage für supermassereiche Schwarze Löcher eignet. Es zeigte sich, dass diese Methode bereits mit einem acht Meter großen Teleskop eine sechs Mal bessere Genauigkeit für die Masse liefert als bisher übliche Verfahren.

Noch bessere Ergebnisse erwarten die Forscher mithilfe der nächsten Generation von optischen Großteleskopen wie dem Extremely Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO – kurz ELT. „Wir werden mit dem ELT zahlreiche Quasare bei unterschiedlichen Entfernungen in einer einzigen Nacht astrometrisch vermessen“, sagt Bosco, „und so die kosmologische Entwicklung der Massen von Schwarzen Löchern direkt beobachten können.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/eine-neue-waage-fuer-quasare/