Staub verbirgt Schwarzes Loch

Rainer Kayser

Helle Strahlungsquelle im Inneren eines dunklen Rings, gebündelte Strahlen nach oben und unten

ESO/M. Kornmesser and L. Calçada

Im Zentrum der 47 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 1068 befindet sich ein Schwarzes Loch mit der mehrmillionenfachen Masse der Sonne – aus Sicht der Erde ist dieses jedoch hinter einem dichten Ring aus Staub verborgen. Das zeigen neue Beobachtungen eines Forscherteams mit dem Very Large Telescope. Die Studie bestätige damit das aktuelle Modell für zentrale Regionen von Galaxien wie NGC 1068, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Nach heutigen Kenntnissen enthält nahezu jede Galaxie ein Schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Fällt Materie von außen in ein solches Schwarzes Loch hinein, so heizt sie sich stark auf und sendet intensive Strahlung aus – das Zentrum der Galaxie leuchtet auf. Astronomen sprechen dann von einem aktiven Galaxienkern. Wie ein solcher aktiver Galaxienkern von der Erde aus gesehen aussieht, so Violeta Gámez Rosas von der Universität Leiden in den Niederlanden und ihre Kollegen, „hängt wesentlich von der Orientierung eines Staubrings ab, der das Schwarze Loch umgibt.“ Blickt man in die Öffnung des Rings, so ist der helle Kern voll sichtbar. Befindet sich der Beobachter jedoch in der Ebene des Staubrings, so ist der Kern durch den Staub verdeckt.

Lange galt die Galaxie NGC 1068 als Prototyp des zweiten Falls, also als aktive Galaxie, auf deren Staubring wir von der Erde aus blicken. Doch vor zwei Jahren führten Beobachtungen am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile zu Zweifeln an dem zugrunde liegenden Modell: Sie zeigten zwar einen Staubring im Zentrum der Galaxie, doch dieser war viel dünner als es das Modell vorhersagte und könne den aktiven Kern daher nicht abschirmen.

Zwei Aufnahmen: links heller Wirbel im Weltall; rechts hellgelber Fleck im Weltall

Innere Region der Galaxie Messier 77

Weltweit machten sich Forscherteams daran, nach Erklärungen zu suchen – so auch Gámez Rosa und ihr Team. Mit den vier Spiegelfernrohren des Very Large Telescope beobachteten sie die Infrarotstrahlung aus der Zentralregion der Galaxie. Da sich durch die Strahlung aus dem Kern der Galaxie auch der umgebende Staub aufheizt und dann ebenfalls Strahlung abgibt, konnten die Forscher mit ihren Messungen den Staubring näher charakterisieren. So ermittelten sie aus der Intensität und Wellenlänge der gemessenen Strahlung die räumliche Verteilung und die Temperatur des Staubs – und konstruierten ein genaues Modell des Staubrings.

Ihre Auswertungen zeigten, dass das Schwarze Loch – wie vom Modell vorhergesagt – von einem dichten, kühleren Ring umgeben ist – die Beobachtungen vor zwei Jahren jedoch lediglich den inneren Teil des Rings gezeigt hatten, der heißer ist. Darüber hinaus ergab ein Vergleich mit Beobachtungen eines weiteren Teams, die mit Radioteleskopen ebenfalls die Galaxie NGC 1068 untersucht hatten, dass das Schwarze Loch von der Erde aus gesehen tatsächlich von diesem Ring verdeckt wird.

Das Ergebnis ist nicht nur für diese Galaxie, sondern für das allgemeine Verständnis aktiver Galaxienkerne relevant. „Zwar kann ein einzelnes Ergebnis nicht alle Fragen beantworten, die wir haben“, betont Gámez Rosas. „Aber wir sind einen großen Schritt in unserem Verständnis vorangekommen, wie aktive Galaxienkerne funktionieren.“ Das sei auch wichtig, um die Geschichte unserer Galaxie, der Milchstraße, zu verstehen. „Denn auch diese beherbergt ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum – das vermutlich in der Vergangenheit ebenfalls aktiv war.“


Modell zu aktiven Galaxiekernen

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/staub-verbirgt-schwarzes-loch/