Schwarzes Loch im Netz

Rainer Kayser

Netzartige Struktur um ein helles Objekt

ESO/L. Calçada

Astronomen haben im frühen Universum ein supermassereiches Schwarzes Loch aufgespürt, das von einer netzartigen Struktur aus Gas umgeben ist. Diese Beobachtung könne erklären, wie Schwarze Löcher nach dem Urknall vergleichsweise schnell auf mehrere Milliarden Sonnenmassen anwachsen konnten: Gasströme entlang des kosmischen Netzes sorgen für einen stetigen Nachschub an Materie, so das internationale Forscherteam im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.

Das Licht des nun beobachteten Schwarzen Lochs benötigt 12,9 Milliarden Jahre zur Erde – die Astronomen um Roberto Gilli vom Observatorium Bologna in Italien sahen es also so, wie es 900 Millionen Jahre nach dem Urknall aussah. Und bereits zu dieser Zeit enthielt SDSS J1030+0524, so der Name des Objekts, offenbar eine Milliarde Sonnenmassen. Durch stundenlange Aufnahmen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO entdeckten die Forscher nahe dem Schwarzen Loch sechs Galaxien, eingebettet in ein Netz ausgedehnter Filamente aus Gas. Sie zählen zu den leuchtschwächsten Sternsystemen, die Astronomen jemals aufgespürt haben.

„Vermutlich sehen wir nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Barbara Balmaverde vom Observatorium Turin in Italien, die ebenfalls an den Beobachtungen beteiligt war. „Wir sehen nur die hellsten Galaxien um das Schwarze Loch.“ Tatsächlich könnten noch viel mehr schwächer leuchtende Sternsysteme in der Nähe des Schwarzen Lochs vorhanden sein, die sich jeweils an den Knotenpunkten des kosmischen Gasnetzes befinden. Die nun entdeckte Nachbarschaft von SDSS J1030+0524 enthält damit ausreichend Gas, um das Schwarze Loch schnell anwachsen zu lassen.

„Unsere Beobachtungen liefern wichtige Einblicke in das bislang ungelöste Rätsel der Entstehung und des Wachstums dieser extremen, aber gleichwohl sehr häufigen Objekte“, erklärt Gilli. Die ersten Schwarzen Löcher sind vermutlich durch den Kollaps der ersten Sterngeneration im Kosmos entstanden, also knapp 200 Millionen Jahre nach dem Urknall. In einigen Hundert Millionen Jahren müssen sie also von Sternengröße auf ihre enorme spätere Masse angewachsen sein. Mit dem derzeit im Bau befindlichen Extremely Large Telescope der ESO, das 2025 in Betrieb gehen soll, hoffen die Forscher weitere Objekte in der Umgebung von supermassereichen Schwarzen Löchern im jungen Kosmos ausfindig zu machen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/schwarzes-loch-im-netz/