Eine Fundgrube für Schwarze Löcher

Rainer Kayser

Wolke aus Sternen mit dunklem Objekt in der Mitte, von dem zwei gebündelte Strahlen ausgehen

NASA/ESA/M. Polimera

Sehr viel mehr Zwerggalaxien als bislang angenommen enthalten in ihrem Zentrum ein massereiches Schwarzes Loch. Das stellt nun ein Forschungsteam fest, nachdem es alte Beobachtungsdaten von Galaxien mithilfe eines verbesserten Verfahrens erneut untersucht hat: Bisherige Methoden hatten die Schwarzen Löcher demnach in vielen der kleinen Sternsysteme übersehen. Das Ergebnis liefert somit auch einen Einblick in die Entwicklung supermassereicher Schwarzer Löcher. Diese können entstehen, wenn die Schwarzen Löcher in den Zwerggalaxien bei der Bildung größerer Galaxien miteinander verschmelzen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

Große Galaxien wie unsere Milchstraße bilden sich – so die gängige Erklärung – im Lauf der kosmischen Geschichte, indem sich kleinere Sternsysteme miteinander vereinen. Ein Beispiel sind die Magellanschen Wolken in der Nähe der Milchstraße, die in ferner Zukunft mit dieser verschmelzen und sie weiter anwachsen lassen. Dabei – so die Annahme – verschmelzen auch die Schwarzen Löcher, die sich in nahezu allen Galaxienzentren befinden, und wachsen immer weiter an.

Tatsächlich enthalten zwar viele Zwerggalaxien Schwarze Löcher mit weit über der tausendfachen Masse der Sonne, aus denen sich schließlich Schwarze Löcher mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne bilden können. Doch ob es genügend von ihnen gibt, um die Entstehung der zahlreichen supermassereichen Schwarzen Löcher zu erklären, war bislang unklar. Denn Astronomen identifizieren die Schwarzen Löcher anhand der Strahlung, die diese aus den Zentralregionen der Zwerggalaxien aussenden. Dort befinden sich jedoch häufig auch viele neu entstehende Sterne, die eine ähnliche Strahlung abgeben.

„Bei den bisherigen Analysen wurden daher zweifelhafte Fälle aussortiert“, erläutert Sheila Kannappan von der University of North Carolina – eine unbefriedigende Situation nach Ansicht der Forscherin. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelte sie daher einen Test, der Schwarze Löcher unabhängig von der etwaigen Entstehung neuer Sterne identifizieren kann. Ihr Kollege Chris Richardson von der Elon University zeigte parallel dazu mit neuen Computersimulationen, welche Strahlung zu erwarten ist, wenn Zwerggalaxien mit einer hohen Sternentstehungsrate zugleich ein massereiches Schwarzes Loch enthalten.

Mit diesen beiden Verfahren durchsuchten die Wissenschaftler die Daten mehrerer umfangreicher Galaxienkataloge erneut – mit einem überraschenden Ergebnis: „Diese neue Art von Schwarzen Löchern fand sich in nahezu allen Zwerggalaxien“, sagt Mugdha Polimera von der University of North Carolina. „Ehrlich gesagt zweifelte ich zunächst an unserem Verfahren, als ich diese Zahlen sah!“

Doch die Anzahl der von dem Team aufgespürten Schwarzen Löcher übertrifft alle früheren Untersuchungen tatsächlich deutlich – und bestätigt so, dass Schwarze Löcher durch die Verschmelzung von Zwerggalaxien zu großen Galaxien anwachsen. „Die von uns gefundenen Schwarzen Löcher sind die Bausteine, aus denen supermassereiche Schwarze Löcher wie jenes im Zentrum der Milchstraße entstehen“, lässt Kannappan keinen Zweifel.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/zwerggalaxien-eine-fundgrube-fuer-schwarze-loecher/