Jahresrückblick 2025
Anne-Dorette Ziems
Anne-Dorette Ziems
Warnung vor Meteoriteneinschlag
Anfang des Jahres machte die Nachricht von einem bevorstehenden Meteoriteneinschlag die Runde. Erst im Dezember 2024 war der Asteroid 2024 YR4 entdeckt worden. Kurz darauf berechneten Forschende die Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag am 22. Dezember 2032 mit einer Wahrscheinlichkeit von über einem Prozent – ein Wert, der so hoch ist, dass die UNO offiziell gewarnt wurde. Daraufhin folgten weitere Beobachtungen.
Denn würde der um die 60 Meter große Asteroid auf der Erde einschlagen, wäre es keine globale Katastrophe, aber regional würde er großen Schaden anrichten – vergleichbar mit dem Tunguska-Ereignis von 1908. Damals wurde ein rund 200 Quadratkilometer großes Waldgebiet in Sibirien verwüstet. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Einschlag sank mit immer mehr Beobachtungen und Daten, die von 2024 YR4 gesammelt wurden, schließlich auf beinahe Null.
Nach dieser Entwarnung folgten direkt die nächsten Schlagzeilen zu 2024 YR4. Denn ein Einschlag auf die Erde in nächster Zeit war nun zwar ausgeschlossen. Allerdings schlägt der Asteroid mit einer Wahrscheinlichkeit von 4,3 Prozent auf dem Mond ein. Mittlerweile ist 2024 YR4 zu weit von uns entfernt, um ihn zu beobachten. Die nächsten Updates zu dem Asteroiden wird es daher erst ab dem Jahr 2028 geben, wenn er sich uns wieder nähert.
Interstellarer Besuch
Einige Monate später, am 1. Juli, entdeckten Forschende mit dem astronomischen Frühwarnsystem ATLAS, Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System, einen interstellaren Besucher. Seine hohe Geschwindigkeit und die Flugbahn haben verraten: Der Komet 3I/ATLAS stammt von außerhalb des Sonnensystems und ist erst der dritte seiner Art, den wir kennen.
3I/ATLAS ist zwischen 0,4 und 5,6 Kilometer groß. Genauer lässt sich das kaum bestimmen, weil der Komet von einer Gas- und Staubwolke umgeben ist. Das macht es schwierig, den Kern des Kometen auszumachen. Am 29. Oktober passierte 3I/ATLAS mit atemberaubenden 250 000 Kilometern pro Stunde die Sonne. Zum Vergleich: Die Erde bewegt sich mit „nur“ 100 000 Kilometern pro Stunde um die Sonne. Wissenschaftlich ist so ein Objekt von großem Interesse, weil es Einblicke in die Zusammensetzung anderer Planetensysteme bietet. Mittlerweile ist der Komet auf dem Weg zu den äußeren Planeten und wird das Sonnensystem irgendwann wieder verlassen.
Intergalaktischer Besuch
Von noch weiter weg kam im Februar ein deutlich kleinerer Besucher. Nämlich ein Neutrino, das vom Neutrinoteleskop ARCA im Mittelmeer entdeckt wurde. Neutrinos sind Elementarteilchen, die extrem selten mit anderer Materie interagieren. Deshalb sind sie nur schwer zu messen. ARCA hat das Neutrino indirekt detektiert, indem es ein energiereiches Myon entdeckt hat, das durch ein Neutrino aus dem All entstanden ist. Laut der Messungen betrug die Energie des Neutrinos 30-mal so viel wie die Energie bisher entdeckter Neutrinos. Es stammt aus einer anderen Galaxie, aber aus welcher ist unklar.
Neutrinos werden nicht nur im Mittelmeer erforscht, sondern unter anderem auch in Karlsruhe: und zwar von KATRIN, dem KArlsruhe TRItium Neutrino Experiment. Das ist so etwas wie eine extrem feine Waage für Neutrinos. In den letzten Jahren haben Physikerinnen und Physiker dort viele Messreihen absolviert und nun festgestellt, dass ein Neutrino höchstens eine Ruhemasse von 0,45 Elektronenvolt hat – das entspricht etwa 8 ⋅ 10-34 Gramm. Ende 2025 fand die letzte Messreihe dieser Art an KATRIN statt – es könnte also noch genauere Ergebnisse geben. Und ab 2026 wird der Detektor dann umgebaut.
Teleskope suchen nach Dunkler Materie und Dunkler Energie
Die meisten Objekte, die wir im All beobachten wollen, kommen dafür allerdings nicht zu uns. Doch auch die können wir mit verschiedenen Teleskopen erforschen. Seit zwei Jahren ist das Weltraumteleskop Euclid im All. Es soll die Verteilung von Dunkler Materie und Dunkler Energie vermessen, indem es eine detaillierte 3D-Karte des beobachtbaren Universums erstellt. Der erste Datensatz von Euclid ist im März veröffentlicht worden. Er enthält bereits Hunderttausende Aufnahmen von 380 000 Galaxien, obwohl die dafür vermessene Region lediglich 0,5 Prozent des insgesamt angestrebten Messbereichs von Euclid umfasst.
Kurze Zeit später veröffentlichen Forschende erste Aufnahmen mit dem Vera C. Rubin Observatorium in Chile. Das Spiegelteleskop, in dessen Herzstück die größte Digitalkamera der Welt verbaut ist, soll Dunkle Materie und Dunkle Energie finden, indem es schwache Gravitationslinsen vermisst. Anders als das Euclid-Teleskop konzentriert es sich zusätzlich auf kleinere Objekte im Sonnensystem, etwa erdnahe Asteroiden.
Dunkler Materie mit Myonen auf der Spur
Nicht nur der Blick aufs große Ganze kann Hinweise auf Dunkle Materie geben. Auch im ganz Kleinen suchen Forschende danach. Physikerinnen und Physiker hoffen, über das sogenannte anomale magnetische Moment des Myons der Dunklen Materie auf die Spur zu kommen. Myonen eignen sich besonders als indirekte Sensoren für bislang unbekannte Teilchen.
Ein Forschungsteam am Fermilab in den USA hat nun eine sechsjährige Messkampagne abgeschlossen und den Wert des magnetischen Moments genauer bestimmt als je zuvor. Es beträgt 0,001 165 920 705. Das Ergebnis stimmt allerdings mit den aktuellen theoretischen Vorhersagen überein und liefert keine Hinweise auf die Teilchen der Dunklen Materie. Die Messung setzt jedoch einen neuen Genauigkeitsstandard und bleibt für viele Jahre ein Ankerpunkt bei der Suche nach neuer Physik jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik.
Erster Klimakipppunkt erreicht
Nach dem All richten wir den Blick auf unseren Planeten: Die Erderwärmung verändert unsere Erde. In vielen Bereichen geschieht diese Veränderung erst langsam, bis dann der Kipppunkt erreicht ist, ab dem sich der Bereich schnell und unumkehrbar verändert. Forschende haben bereits verschiedene solcher Klimakipppunkte ausgemacht – nun ist der erste davon erreicht: Die tropischen Korallenriffe werden absterben.
Steigende Temperaturen in den Weltmeeren machen den Korallen zu schaffen. Selbst 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter wäre zu viel. Korallenriffe könnten sich laut Klimaforscherinnen und -forschern nur erholen, wenn die Erderwärmung wieder auf 1 Grad Celsius oder weniger sinkt.
Das ist vermutlich unrealistisch in Anbetracht der Tatsache, dass der bisherige Trend weiter nach oben geht und bereits 2024 die Erderwärmung 1,55 Grad Celsius betrug. Zudem wird 2025 nach 2024 voraussichtlich das zweit- oder drittwärmste Jahr werden. Bereits im Februar haben Forschende anhand von Klimamodellen berechnet, dass die Erderwärmung wohl dauerhaft mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit betragen wird.
Nicht nur steigende Temperaturen machen den Korallen zu schaffen, sondern auch die zunehmende Versauerung des Ozeans. Durch immer mehr CO2 in der Atmosphäre wird auch mehr davon im Ozean gelöst. Es gibt also mehr Kohlensäure im Wasser, welche die Kalkschichten von Muscheln und auch einigen Korallen angreift. Die Versauerung des Ozeans gilt als eine von neun planetaren Belastungsgrenzen und wurde dieses Jahr erstmals überschritten. Damit sind aktuell sieben von neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten.
Nach den Korallenriffen könnten in Zukunft weitere Klimakipppunkte erreicht werden, wie beispielsweise die Versteppung des Amazonasregenwalds und das Auftauen von Permafrostböden. Wesentliche Ursache für den Klimawandel sind Emissionen aus fossiler Energie, also durch Verbrennung von Gas, Öl und Kohle. Doch bisher gibt es keine Strategie für einen globalen Ausstieg aus fossilen Energien. Auch auf der diesjährigen Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém konnten sich die Staaten nicht auf einen gemeinsamen Fahrplan einigen.
Kleine Erfolge in der Kernfusion
Als alternative Energiequelle wird seit Jahrzehnten an Kernfusion geforscht, indem man also Atomkerne fusionieren lässt. Doch der Weg zu einem funktionsfähigen Forschungsreaktor ist weit. Große Forschungsprojekte wie ITER in Südfrankreich verzögern sich und werden teurer. Trotzdem gab es 2024 Teilerfolge zu verzeichnen: Am Forschungsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald wird eine neuere Art von Reaktorkonzept erforscht – der Stellarator.
Bei Wendelstein 7-X führen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch nicht direkt Kernfusion durch, sondern es geht zunächst darum, das Plasma möglichst geschickt aufzuheizen. Zudem soll es gleichzeitig mit Magnetfeldern so eingeschlossen werden, dass es sich mit geringen Energieverlusten möglichst stark aufheizt und einen möglichst hohen Wärmeinhalt erreicht. Diesen Prozess konnten die Forschenden in Greifswald dieses Jahr optimieren.
Nobelpreis für Quantenphysik
Ebenfalls in der Welt von Atomen und anderen kleinen Teilchen spielt sich die Quantenphysik ab, zu der die UN das Quantenjahr ausgerufen hat. Passenderweise verlieh in diesem Jahr auch die schwedische Akademie der Wissenschaften den Nobelpreis für Physik an John Clarke, Michel H. Devoret und John M. Martinis für die Entdeckung des makroskopischen quantenmechanischen Tunnelns und der Quantisierung von Energie in einem elektrischen Stromkreis.
Mit ihren Experimenten haben die drei Forscher in den 1980er-Jahren quantenmechanisches Tunneln in elektrischen Schaltkreisen gezeigt – also einem System, das groß genug ist, um es in der Hand zu halten. Ein wichtiger Schritt, denn eine der großen Fragen der Quantenmechanik lautet: Wie groß kann ein System, in dem sich quantenmechanische Effekte abspielen, höchstens sein?
Mit ihrer Arbeit haben sie damals auch wichtige Grundlagen für Zukunftstechnologien wie Quantencomputer gelegt.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/jahresrueckblicke/jahresrueckblick-2025/


