Jahresrückblick 2019

Redaktion

Das Bild zeigt einen runden, hellen Ring.

Event Horizon Telescope Collaboration

Dieses Jahr stand ganz im Zeichen der Himmelsbeobachtungen – neben der ersten Aufnahme eines Schwarzen Lochs gelang Astronomen erstmals der Nachweis von Wasser in der Atmosphäre eines Exoplaneten. Hier blicken wir auf diese und andere Highlights aus dem Jahr 2019 zurück.

Dieses Jahr begann mit einer Sensation: Mit dem Event Horizon Telescope – einem Zusammenschluss von acht Radioteleskopen – haben Forscher erstmals das Bild eines Schwarzen Lochs aufgenommen. „Es gab zwar vorher schon viele indirekte Beweise für diese exotischen Objekte, aber mit diesem Bild sehen wir erstmals ein Schwarzes Loch und können seine Umgebung in bislang unerreichter Detailschärfe untersuchen“, kommentierte Sera Markoff von der Universität Amsterdam die Aufnahme im Interview mit Welt der Physik.

Das abgebildete Schwarze Loch liegt im Zentrum der rund 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernten Galaxie Messier 87 und ist mit 6,5 Milliarden Sonnenmassen mehr als tausendfach schwerer als das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße. Aufgrund der starken Anziehungskraft kann weder Materie noch Licht einem solchen Objekt entkommen. Das im April 2019 veröffentlichte Bild zeigt das Schwarze Loch daher nicht direkt. Stattdessen sieht man darauf heiße Materie, die sich ringförmig um das supermassereiche Objekt angesammelt hat. Somit haben die Forscher vielmehr den Schatten eines Schwarzen Lochs aufgenommen.

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Seltener Zerfall und Rekord bei Supraleitern

Auf diese bislang einzigartige Aufnahme folgte der Nachweis eines extrem seltenen Ereignisses: Bislang ließ sich lediglich theoretisch vorhersagen, dass Xenon-124 instabil sein muss. Dieses Jahr gelang es Wissenschaftlern am Experiment XENON1TN erstmals, den radioaktiven Zerfall auch experimentell zu beobachten. Die gemessene Halbwertszeit beträgt etwa 18 Trilliarden Jahre  – diese Zeitspanne übersteigt das Alter des Universums von immerhin gut 13,8 Milliarden Jahren um das Billionenfache und ist die längste Halbwertszeit, die jemals gemessen wurde.

Die Aufnahme zeigt eine runde Fassung, in die mit einer Pinzette ein kleiner Diamant platziert wird.

Diamantstempelzelle

Bereits im Jahresrückblick 2018 berichteten wir über supraleitende Materialen, in denen Strom widerstandslos fließen kann. Und auch in diesem Jahr hat sich in diesem Forschungsgebiet wieder einiges getan. In der Regel zeigen sich die supraleitenden Eigenschaften erst bei sehr niedrigen Temperaturen – nahe dem absoluten Nullpunkt. Wegen der zahlreichen technischen Anwendungen, die Supraleiter versprechen, suchen Wissenschaftler fieberhaft nach Stoffen, die ihren elektrischen Widerstand schon bei höheren Temperaturen – idealerweise bei Raumtemperatur – verlieren.

Im Mai dieses Jahres stellten Forscher einen neuen Rekord auf: Unter Hochdruck wurde eine chemische Verbindung aus Wasserstoff und dem Übergangsmetall Lanthan bereits bei etwa minus 23 Grad Celsius supraleitend. Obwohl der elektrische Widerstand von Lanthanhydrid erst unter sehr hohem Druck verschwindet – und das Material damit für praktische Anwendungen eher uninteressant ist – stellt das Ergebnis einen wichtigen Schritt in Richtung Raumtemperatursupraleiter dar.

Erderwärmung und Neutrinomasse

Im Juli veröffentlichten Klimaforscher ebenfalls einen Rekord, der allerdings alles andere als erstrebenswert ist. Der neuen Studie zufolge schwankte das Klima auf der Erde im Lauf der Geschichte immer wieder – etwa während der Kleinen Eiszeit von 1300 bis 1850 oder der Mittelalterlichen Warmzeit zwischen 700 bis 1400. Doch bisher ging man davon aus, dass es sich bei diesen beiden Phasen um weltweite Phänomene handelte. Auf Basis von Klimadaten der vergangenen zweitausend Jahre zeigten die Wissenschaftler allerdings, dass die vorindustriellen Klimaschwankungen regional auftraten – anders als die gegenwärtige Klimaerwärmung.

Denn die aktuelle Warmphase verläuft erstmals weltweit und gleichzeitig. Zudem ergab die Klimaanalyse, dass die wärmste Phase der vergangenen zweitausend Jahre auf über 98 Prozent der Erdoberfläche sehr wahrscheinlich im 20. Jahrhundert liegt. Außerdem zeigte sich, dass die gegenwärtige globale Erwärmung signifikant schneller erfolgt als alle anderen Klimaschwankungen im untersuchten Zeitraum. Damit belegen auch diese Studien, dass der aktuelle Klimawandel nicht mit zufälligen Schwankungen, sondern durch vom Menschen verursachte Emissionen von Treibhausgasen zu erklären ist.

Im September sorgte dann ein winziges Teilchen für Aufmerksamkeit: das Neutrino. Denn wie viel diese Elementarteilchen wiegen, ist nicht genau bekannt. Gewiss ist allerdings, dass die Neutrinomasse sehr gering sein muss – und stellt Wissenschaftler vor ein Rätsel: „Ein so kleiner Wert erscheint nach heutigem Wissensstand eher unwahrscheinlich und könnte ein Hinweis darauf sein, dass unsere Modelle nicht vollständig sind“, erklärt Christian Weinheimer von der Universität Münster im Interview mit Welt der Physik.

Die Aufnahme zeigt Wissenschaftler, die auf einem Gerüst vor dem großen, runden KATRIN Experiment stehen.

KATRIN-Experiment

Um die Masse der Elementarteilchen präzise zu vermessen, ging im Sommer 2018 das Karlsruher Tritium Neutrino Experiment – kurz KATRIN – in Betrieb. Dieses Jahr veröffentlichten die beteiligten Forscher die ersten Ergebnisse. Die Masse von Neutrinos ließ sich mit dem Experiment auf unter 1,1 Elektronenvolt eingrenzen. Zum Vergleich: Das zweitleichteste Elementarteilchen ist das Elektron, was mehr als die 500 000-fache Masse des Neutrinos besitzt. Die Physiker gehen davon aus, dass sie die Neutrinomasse im Lauf der nächsten drei Jahre noch rund fünfmal genauer bestimmen können.

Auf der Suche nach einer zweiten Erde

Im September sorgte ein deutlich größeres Objekt für Aufsehen – der Exoplanet K2-18b. Astronomen kennen bereits über 4000 Planeten, die sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden. Mit dem Weltraumteleskop Hubble ließ sich jetzt erstmals Wasser in der Atmosphäre eines Planeten nachweisen, der seine Bahn in der lebensfreundlichen Zone eines Sterns zieht. Damit wird der 124 Lichtjahre von uns entfernte Exoplanet K2-18b zum bislang besten Kandidaten für die Suche nach Leben außerhalb unseres Sonnensystems.

K2-18b ist etwa achtmal so schwer wie unser Heimatplanet und wird daher als Supererde eingestuft. Von der Erde aus lässt sich beobachten, wie der Exoplanet regelmäßig vor seinem Zentralstern vorüberzieht. Bei diesen sogenannten Transits tritt Sternenlicht durch die Planetenatmosphäre hindurch, wobei die Moleküle in der Atmosphäre charakteristische Spuren im Lichtspektrum des Sterns hinterlassen. Diesen Effekt haben sich Astronomen nun zunutze gemacht, um den Wasserdampf in der Gashülle um K2-18b nachzuweisen.

Die Illustration zeigt den Planeten 51 Pegasi b und seinen Stern.

Exoplanet 51 Pegasi b

Den ersten Exoplaneten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist, entdeckten übrigens Michel Mayor und Didier Queloz im Jahr 1995 – am 10. Dezember 2019 erhielten sie dafür den Nobelpreis für Physik . Wie auch im Fall von K2-18b lieferte das Licht des Zentralsterns die entscheidenden Hinweise für die Entdeckung des Exoplaneten. Die verdächtigen Spuren entstehen hier allerdings auf andere Weise: Kreist ein Planet um einen Stern, bewirkt seine Schwerkraft, dass sich das Gestirn ein klein wenig um den gemeinsamen Massenschwerpunkt hin- und herbewegt.

Dieses leichte Zittern hinterlässt Spuren im Lichtspektrum des Sterns: Kommt er auf uns zu, wird sein Licht zu kleineren Wellenlängen verschoben, bewegt er sich von uns fort, wird das Licht langwelliger. Genau dieses Muster fanden Mayor und Queloz im Spektrum von 51 Pegasi – einem rund fünfzig Lichtjahre von uns entfernten Stern. Der so entdeckte Exoplanet ist etwa halb so massereich wie Jupiter und umkreist seinen Zentralstern einmal in etwa 4,2 Tagen. Ein Jahresrückblick dürfte dort also deutlich kürzer ausfallen als bei uns auf der Erde.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/jahresrueckblicke/jahresrueckblick-2019/