Wie fliegt man zum Mond?

Rainer Kayser

Die Aufnahme zeigt den Astronauten Buzz Aldrin auf dem Mond.

NASA

Vor etwas mehr als fünfzig Jahren, am 20. Juli 1969, landeten Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Erdtrabanten. Zwischen Ankündigung und Umsetzung einer bemannten Mondlandung vergingen mehr als acht Jahre. Auch für die Zukunft geplante Missionen zum Mond benötigen lange Vorarbeit – ganz so einfach scheint es also nicht zu sein, von der Erde zum Mond zu gelangen.

„Ich glaube, dass sich die Vereinigten Staaten das Ziel setzen sollten, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen“, proklamierte US-Präsident John F. Kennedy am 25. Mai 1961. Mehr als acht Jahre vergingen, bis die NASA diesen kühnen Plan in die Tat umsetzte.

In dieser Zeit entwickelte die Raumfahrtbehörde nicht nur die nötige Technik für einen Flug zum Mond, es galt auch die beste Reiseroute zum Erdtrabanten zu finden. Denn anders als auf der Erde ändern Start- und Endpunkt im Weltall während des Reiseverlaufs ihre Position relativ zueinander. Alles ist in ständiger Bewegung: Die Erde dreht sich um sich selbst und kreist um die Sonne. Und auch das Ziel – in diesem Fall der Mond – kreist um die Erde und mit ihr gemeinsam um die Sonne.

Eine kurvenreiche Flugbahn

Könnte man mit einer Rakete nicht trotzdem einfach von der Erde direkt zum Mond fliegen? Physikalisch spricht nichts dagegen. Doch für einen solchen Flug würde man einen extrem starken Antrieb und sehr viel Treibstoff benötigen. Und so versuchen die Raumfahrtwissenschaftler, die Eigenbewegungen und Anziehungskräfte der Himmelskörper optimal auszunutzen – und damit Energie zu sparen. Das beginnt bereits beim Start: Raketen schießt man bevorzugt in Äquatornähe und in Richtung der Erddrehung ins All. Allein dadurch nimmt eine Rakete eine Geschwindigkeit von 1674 Kilometern pro Stunde mit. Für eine typische Umlaufbahn um die Erde in einer Höhe von 300 Kilometern muss ein Raumfahrzeug allerdings eine Geschwindigkeit von 28 000 Kilometern pro Stunde erreichen.

Die Illustration zeigt den Verlauf der Hohmann-Bahn. Dabei handelt es sich um eine Ellipse, in deren Brennpunkt sich die Erde befindet. Der erdnächste Punkt dieser Ellipse berührt die ursprüngliche Umlaufbahn um die Erde, der erdfernste Punkt der Ellipse befindet sich in der gewünschten Umlaufbahn.

Hohmann-Bahn

Um aus einer Erdumlaufbahn möglichst energiesparend an einen weiter entfernten Ort – wie den Mond – zu gelangen, gibt es nun verschiedene Varianten. Eine ist die sogenannte Hohmann-Bahn: Dabei handelt es sich um eine Ellipse, in deren Brennpunkt sich die Erde befindet. Der erdnächste Punkt dieser Ellipse berührt die ursprüngliche Umlaufbahn um die Erde, der erdfernste Punkt der Ellipse befindet sich in der gewünschten Umlaufbahn – in diesem Fall also in der Umlaufbahn des Mondes. Bereits 1925 beschrieb der deutsche Raumfahrtpionier Walter Hohmann diesen Übergang zwischen zwei Bahnen in seinem Buch „Die Erreichbarkeit der Himmelskörper“.

Um auf eine solche zum Mond führende Ellipsenbahn zu gelangen, muss das Raumfahrzeug auf eine Geschwindigkeit von etwa 40 000 Kilometern pro Stunde beschleunigt werden. Die Triebwerke müssen dabei genau im richtigen Moment zünden, damit die angestrebte Hohmann-Bahn im erdfernsten Punkt tatsächlich auf den sich bewegenden Mond trifft. Dieses Flugmanöver war in den 1950er- und 1960er-Jahren sowohl technisch als auch rechnerisch eine Herausforderung. Jedes heutige Smartphone ist den für die Apollo-Missionen verwendeten Computern der NASA millionenfach überlegen. Und um in eine Umlaufbahn um den Erdtrabanten zu gelangen oder weich auf dem Mond zu landen, ist sogar eine noch kompliziertere Flugbahn nötig.

Zahlreiche Anläufe bis zur Mondlandung

In zahlreichen Versuchen tasteten sich die Raumfahrtbehörden langsam an den Mond heran: Nach etlichen Fehlstarts raste am 4. Januar 1959 die sowjetische Sonde Lunik 1 am Erdtrabanten vorbei – in einem Abstand von etwa 6000 Kilometern. Am 12. September 1959 schlug mit Lunik 2 erstmals eine Raumsonde auf dem Mond auf. Die erste weiche Landung auf dem Mond gelang am 3. Februar 1966 der ebenfalls sowjetischen Sonde Luna 9. Und am 3. April desselben Jahres schwenkte Luna 10 erstmals in eine Umlaufbahn um den Erdtrabanten ein. Am 24. Dezember 1968 erreichte mit Apollo 8 dann erstmals ein bemanntes Raumschiff den Mond und umkreiste ihn innerhalb von zwanzig Stunden insgesamt zehnmal. Und schon sieben Monate später gelang der NASA mit Apollo 11 dann die erste bemannte Mondlandung.

Die Illustration zeigt die Flugbahn bemannter Missionen von der Erde zum Mond.

Verlauf bemannter Mondmissionen wie Apollo 11 oder Artemis 3

Apollo 11 startete am 16. Juli 1969 und erreichte zwölf Minuten später planmäßig die Erdumlaufbahn. Die Rakete umkreiste unseren Planeten eineinhalbmal, bevor sie auf Mondkurs ging. Nach 76 Stunden erreichten Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins den rund 380 000 Kilometer entfernten Erdtrabanten. Am 19. Juli schwenkten die Astronauten in eine Mondumlaufbahn ein. Einen Tag später koppelte die Landefähre – mit Armstrong und Aldrin an Bord – ab und setzte wenig später auf der Mondoberfläche auf. Am 21. Juli um 3:56 Uhr mitteleuropäischer Zeit betrat Armstrong als erster Mensch den Mond, zwanzig Minuten später folgte ihm Aldrin. Zweieinhalb Stunden dauerte der erste Ausflug auf die Mondoberfläche. Nach rund 21 Stunden auf dem Mond ging es dann zurück, erst zum Apollo-Raumschiff und dann zur Erde. Am 24. Juli 1969 landete die Kapsel mit den drei Astronauten im Pazifik.

Die Anreise der Apollo-Astronauten zum Mond dauerte drei Tage und vier Stunden. Eine kurze Flugzeit ist bei bemannten Missionen ein entscheidendes Kriterium, denn sie bedeutet eine geringere Strahlenbelastung für die Raumfahrer. Bei unbemannten Sonden spielt die Flugzeit dagegen eine geringe Rolle. So sind auch Flugrouten denkbar, die Monate dauern, dafür aber wenig Energie kosten. Solche Bahnen führen zunächst meist weit aus dem Erde-Mond-System heraus und machen sich die Anziehungskraft der Sonne zunutze, um schließlich zum Mond zurückzukehren. Statt der schubstarken chemischen Antriebe lassen sich dafür auch elektrische Antriebe verwenden. Ein weiterer großer Vorteil: Die Raumsonden nähern sich dem Mond mit einer geringen Relativgeschwindigkeit, wodurch nur geringe Korrekturen nötig sind, um in eine Umlaufbahn um den Erdtrabanten einzuschwenken.

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Artemis – Aufbruch nach 50 Jahren

Eine Rakete auf einer Startrampe vor einem Nachthimmel

Artemis I Rakete vor dem Start

Fünfzig Jahre nach dem Ende des Apollo-Programms steht nun der erste – noch unbemannte – Testflug im Rahmen des Programms Artemis bevor. In mehreren Etappen sollen wieder Astronauten zum Mond fliegen, dort landen und sich dort auch längerfristig aufhalten. Im Unterschied zum Apollo-Programm ist Artemis kein Alleingang der NASA. So entwickelt die Europäische Weltraumorganisation ESA das Servicemodul für die Raumkapsel Orion des Projekts. Darüber hinaus sind auch Kanada, Australien und Japan an der Entwicklung der Infrastruktur von Artemis beteiligt.

Ende August dieses Jahres soll mit Artemis 1 der erste unbemannte Testflug zum Mond stattfinden. Ein Jahr später sollen dann mit Artemis 2 erstmals wieder Astronauten den Mond umrunden. Und für Artemis 3 im Jahr 2025 ist dann die erste bemannte Landung geplant. Eine Woche lang sollen die Raumfahrer auf der Mondoberfläche verweilen.

Mittelfristig sieht das Projekt den Aufbau einer umfangreichen lunaren Infrastruktur vor – mit einer Raumstation im Mondorbit, Fahrzeugen mit Druckkabinen und schließlich dauerhaft bewohnbaren Stationen auf der Oberfläche des Erdtrabanten.   

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Missionen zum Mond

Insgesamt gab es bislang 124 bekannte Versuche, zum Mond zu fliegen. Davon schlugen 55 auf unterschiedliche Arten fehl – von Explosionen beim Start bis zu ungeplanten Abstürzen auf dem Erdtrabanten. Es ist allerdings möglich, dass einige missglückte Flüge nicht in die offiziellen Aufzeichnungen eingegangen sind.

Im Rahmen des Apollo-Programms der NASA gab es von 1968 bis 1972 neun Flüge zum Mond und sechs erfolgreiche Mondlandungen – insgesamt zwölf Menschen haben bislang die Mondoberfläche betreten.

Derzeit gibt es noch zwei aktive Mondsonden: Der Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA erforscht seit 2009 den Mond aus einer Umlaufbahn und der chinesische Lander Chang’e 4 landete am 3. Januar 2019 mit seinem Rover Yutu 2 auf der Rückseite des Mondes.

Das bislang letzte Raumfahrzeug, das sich auf den Weg zum Erdtrabanten gemacht hat, ist die am 28. Juni dieses Jahres gestartete US-amerikanische Sonde Capstone. Der nur 25 Kilogramm schwere Kleinsatellit soll ein neues Navigationsverfahren zwischen Mond und Erde erproben sowie eine neuartige Umlaufbahn für eine künftige Raumstation in Mondnähe testen.

Noch in diesem Jahrzehnt könnten auch wieder Menschen zum Mond fliegen: Die NASA plant im Rahmen des Artemis-Programms für 2024 eine erste Mondumrundung mit dem neuen Raumschiff Orion – und 2025 sollen dann erstmals wieder Astronauten den Mond betreten. Wobei die Landung auf dem Erdtrabanten möglicherweise mit einer speziellen Version des derzeit von SpaceX entwickelten Starship erfolgt.

Gut möglich, dass das Unternehmen von Elon Musk der NASA bezüglich der nächsten bemannten Mission zum Mond den Rang abläuft: Der japanische Milliardär Yusaku Maezawa hat Tickets für sich und eine Gruppe von sechs bis acht geladenen Künstlern für einen Starship-Flug zum Mond gebucht. Vorgesehen ist die „Dear Moon“-Mission bereits für 2023 – obwohl derzeitige Verzögerungen bei der Entwicklung des Starship eine Verschiebung wahrscheinlich machen.

Anmerkung der Redaktion: Die erste Version dieses Artikels erschien 2019 auf Welt der Physik. Im August 2022 haben wir den Text aktualisiert.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/wie-fliegt-man-zum-mond/