Der Mond ist 40 Millionen Jahre älter als gedacht

Rainer Kayser und Redaktion

Schwarz-weiß-Foto eines Astronauten auf dem Mond, der einen Stab in der Hand hält und einen großen Rucksack auf dem Rücken trägt

NASA

Nach heutigem Wissen ist der Mond entstanden, als einst die Ur-Erde mit dem Himmelskörper Theia kollidiert ist. Aber wann war das genau? Neue Untersuchungen von Mondstaub, der von den Astronauten der Mission Apollo 17 zur Erde gebracht worden war, ergaben ein Mindestalter von 4,46 Milliarden Jahren. Damit sei der Erdtrabant 40 Millionen Jahre älter als es sich aus bisherigen Messungen schließen ließ, berichtet ein Forschungsteam im Fachblatt „Geochemical Perspectives Letters“.

In der Entstehungszeit des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren entstand auch der Mond aus einer gewaltigen Kollision: Der Zusammenstoß des marsgroßen Himmelskörpers Theia mit dem Vorläufer unseres Planeten, der Ur-Erde, muss so gewaltig gewesen sein, dass große Mengen an Gestein verflüssigt oder gar verdampft sind und ins All katapultiert wurden. Aus diesen Trümmern bildete sich der Mond, der zunächst vollständig aus flüssigem Gestein bestand. Erst als sich dieser Ozean aus heißem Mondmagma an der Oberfläche ausreichend abgekühlt hatte, bildete sich dort festes Gestein. In diesem Gestein entstanden auch Zirkonkristalle. Solche Kristalle sind über die Jahrmilliarden stabil und eignen sich daher besonders gut zur Altersbestimmung des Monds.

Uran und Blei verraten das Alter der Mondkristalle

Eine Frau steht im blauen Anzug an einer Apparatur und hält eine behandschuhte Hand auf ein metallenes Rohr.

Jennika Greer

Diese Kristalle hat nun ein Forschungsteam um Jennika Greer von der University of Glasgow in Großbritannien genutzt, um Mondstaub auf eine neue Weise zu untersuchen: Dazu haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die nur wenige Tausendstel Millimeter kleinen Zirkonkristalle zunächst mithilfe eines Ionenstrahls angespitzt. Aus dieser scharfen Spitze lösten sie mithilfe eines Ultraviolettlasers einzelne Atome heraus.

Diese verdampften Atome durchquerten dann ein spezielles Analysegerät – ein Massenspektrometer. Dort bewegten sie sich je nach Masse unterschiedlich schnell. „So erfahren wir Atom für Atom, woraus die Kristalle genau bestehen“, sagt Greer. Um daraus das Alter der Kristalle zu ermitteln, untersuchten die Forschenden die Uran- und Bleiatome in den Kristallen. Denn eine bestimmte Art von Uran – das Isotop Uran-238 – verwandelt sich durch radioaktiven Zerfall in Blei, und zwar mit einer Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Seit der Entstehung des Sonnensystems hat sich also etwa die Hälfte des Urans in Blei verwandelt.

Die genaue Messung, wie viel Uran- und Blei-Atome in den Zirkonkristallen vorliegen, ließ darauf schließen, wie alt die Kristalle sind. Das Ergebnis: 4,46 Milliarden Jahre. Andere Messungen an Gesteinsproben hatten bisher ein Alter von 4,42 Milliarden Jahren ergeben. Die Zirkonkristalle sind also 40 Millionen Jahre älter. „Es ist ein unglaubliches Gefühl zu wissen, dass wir das bislang älteste Stück Mond gefunden haben“, sagt Greer. Der Erdtrabant müsse sogar noch ein wenig älter sein – denn die Kristalle konnten sich erst bilden, als sich seine Oberfläche verfestigte, so Greer. Damit sei er bereits in den ersten 100 Millionen Jahren des Sonnensystems entstanden.

Genau zu wissen, wann der Mond entstanden ist, sei wichtig, betont der an der Studie beteiligte Phillip Heck von der University of Chicago in den USA: „Der Mond stabilisiert die Rotationsachse der Erde, er ist verantwortlich für unsere Tageslänge, er sorgt für die Gezeiten – ohne den Mond wäre das Leben auf der Erde völlig anders!“ Wann der Mond entstanden ist, bestimmt also auch, ab wann er mit seiner Schwerkraft die Entwicklung der Erde beeinflusst hat.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/sonnensystem-der-mond-ist-40-millionen-jahre-aelter-als-gedacht/