Weltraummüll bei Tageslicht orten

Rainer Kayser

Grafische Darstellung der Erde, die von einer Vielzahl kleiner Objekte eingehüllt ist.

NASA/Orbital Debris Program Office

Der erdnahe Weltraum ist voller Müll: Ausgediente Satelliten und Trümmerteile explodierter Raketen treiben durch das All – und stellen eine Gefahr für die Astronauten an Bord der Internationalen Raumstation und funktionstüchtige Satelliten dar. Mit speziellen Teleskopen und Radaranlagen lassen sich die Umlaufbahnen des Weltraumschrotts grob verfolgen. Wesentlich genauer ist dagegen die Peilung per Laserstrahl, die bislang allerdings nur in der Dämmerung funktioniert. Dieses Manko haben Forscher nun mit einem neuen Verfahren behoben. Dadurch steigt die Beobachtungszeit einzelner Laserstationen um ein Vielfaches, so das Team im Fachblatt „Nature Communications“.

Um ein Trümmerstück im Erdorbit zu orten, wird ein kurzer Laserpuls auf das Objekt geschossen. Mehrere Stationen registrieren dann das diffus reflektierte Licht und erfassen jeweils die Laufzeiten des Signals. Aus diesen Daten lässt sich dann berechnen, wie weit das Trümmerteil entfernt ist und wie es sich bewegt. Bislang beteiligen sich weltweit allerdings nur wenige Laserstationen an der Überwachung von Weltraummüll. Das Problem: Für eine Messung muss sich das Trümmerstück noch im Sonnenlicht, die Station jedoch bereits im Dunkeln befinden. Denn um den Laser auf das Ziel ausrichten zu können, peilen die Forscher das Objekt zunächst mit optischen Teleskopen an. Das macht diese Methode bisher wenig effektiv.

Michael Steindorfer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz und seine Kollegen zeigen nun, wie sich Objekte in der Erdumlaufbahn durch den Einsatz von modernen Teleskopen, Detektoren und Filtern auch bei vollem Tageslicht beobachten und erfassen lassen. Von der Laserstation in Graz aus beobachteten die Forscher dazu über vierzig unterschiedliche Trümmerstücke mit ihren optischen Instrumenten, für vier davon führten sie erfolgreich eine lasergestützte Ortung durch. Bei den Objekten handelte es sich um jeweils mehrere Meter große Raketenstufen, die nach Satellitenstarts im All verblieben waren.

Lag die maximale Beobachtungszeit in Graz vorher bei sechs Stunden pro Tag, erlaube das neue Verfahren nun bis zu 22 Stunden, so das Team. Die Leistungsfähigkeit von Laserstationen ließe sich dadurch deutlich steigern. „Das ist ein Anreiz für den Aufbau eines globalen Netzes derartiger Stationen. Damit können wir dann sofort auf Annäherungswarnungen reagieren und präzisere Bahnvorhersagen liefern“, so Steindorfer. Doch nicht nur Ausweichmanöver wären besser planbar, auch für künftige Verfahren zur Beseitigung des Weltraummülls seien die Daten sehr wertvoll.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/weltraummuell-bei-tageslicht-orten/