Wie Geckos haften

Jan Oliver Löfken

Fußoberfläche eines Geckos

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Dank Millionen feiner Härchen an ihren Füßen haften Geckos mühelos auf Steinen, Blättern oder sogar glatten Glasscheiben. Die Haftkräfte übersteigen dabei ein Vielfaches des Eigengewichts der Reptilien. Doch das Phänomen war trotz intensiver Forschung bislang noch nicht vollständig verstanden. Auf der Suche nach einer Erklärung für die starke Haftung der Tiere auf unterschiedlichen Materialien und sogar bei Nässe, untersuchten Forscher die Prozesse direkt an der Kontaktfläche nun im Detail. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Advances“ berichten, nutzen Geckos neben den Van-der-Waals-Kräften weitere komplexe Wechselwirkungen, deren Stärke jeweils vom Material der Kontaktfläche abhängt.

Zahlreiche Versuche legten bereits nahe, dass nicht nur Van-der-Waals-Kräfte – die durch schnelle Ladungsverschiebungen in den Atomen an der Kontaktfläche verursacht werden – für die starken Haftkräfte von Geckos verantwortlich sind. Um die Haftung noch besser zu verstehen, sammelten Saranshi Singla von der University of Akron und ihre Kollegen zunächst Proben der extrem feinen Härchen von Geckofüßen – setae und spatulae genannt. Dafür verwendeten sie das Material, das die Tiere bei der monatlichen Häutung abstreifen, und legten es auf eine glatte Oberfläche aus Saphir. Mithilfe von Lichtwellen im sichtbaren und infraroten Bereich ließ sich daraufhin die Wechselwirkung zwischen den Proben und der Kontaktfläche direkt messen.

Die Experimente zeigten, dass Geckofüße mit ihrer natürlichen, wasserunlöslichen Lipidschicht deutlich andere Hafteigenschaften aufweisen als entfettete Proben. Die entfetteten Proben hafteten fast doppelt so stark wie die naturbelassenen, da in diesem Fall die Van-der-Waals-Kräfte dominierten. Bei den Proben mit einer natürlichen Lipidschicht spielten zusätzlich sogenannte Säure-Base-Wechselwirkungen eine Rolle. Diese etwas schwächere Haftkraft wirkte zwischen den Lipiden an den Härchen und den Hydroxylgruppen des Saphirs. Doch genau diese Eigenschaft ermöglicht es den Geckos erst, ihre Füße wieder mühelos von einer Oberfläche zu lösen und über eine glatte Fläche zu laufen.

Die Studie von Singla und ihren Kollegen zeigt somit das komplexe Zusammenspiel der Kräfte, die Geckos auch auf unterschiedlichen Oberflächen haften lassen. Van-der-Waals-Kräfte zwischen den feinen Härchen und der jeweiligen Oberfläche treten dabei immer unterschiedlich stark auf. Doch erst aufgrund der Kombination mit Säure-Base-Wechselwirkungen können sich Geckos mühelos auf verschiedenen Materialien festhalten und elegant auf ihnen laufen. Diese neuen Ergebnisse könnten zukünftig auch die Entwicklung von bionischen Haftmethoden nach dem Vorbild von Geckos weiter vorantreiben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2021/wie-geckos-haften/