Wie das Nama-Flughuhn Wasser speichert

Jan Oliver Löfken

Hellbraunes Huhn in einer trockenen, felsigen Umgebung

Neil Bowman/iStock

Während viele Vögel sich mit ihrem wasserabweisenden Federkleid vor Nässe schützen, hält das Nama-Flughuhn es umgekehrt: In seinen Bauchfedern kann der Vogel rund 25 Milliliter Wasser – etwa 15 Prozent seines Körpergewichts – speichern. So transportiert er Wasser mit geringen Verlusten kilometerweit durchs südliche Afrika zu seinem Nest. Verantwortlich dafür sind Mikrostrukturen entlang der Federn. Forschende haben die Federn nun genauer untersucht. In der Fachzeitschrift „Journal of The Royal Society Interface“ berichten sie, wie sich die Strukturen nutzen ließen – etwa für neuartige Flaschen oder um Wasser aus Tau zu sammeln.

Jochen Müller von der Johns Hopkins University in Baltimore und seine Kollegin Lorna J. Gibson vom Massachusetts Institute of Technology analysierten die Bauchfedern eines männlichen Nama-Flughuhns mit dem Fachnamen Pterocles namaqua aus der zoologischen Sammlung der Harvard University: Die trockenen und nassen Federn legten sie unter ein Lichtmikroskop und ein Rasterelektronenmikroskop, unterzogen sie einer Computertomografie und nutzten dreidimensionale Videoaufnahmen.

Schwarze-weiße Aufnahme einer Fächerstruktur

Vergrößerte Aufnahme einer Feder

Diese Analysen zeigten: Der Federschaft ist gesäumt von mikrometerfeinen Widerhaken. Am unteren Ende der Feder formen sie winzige Röhrchen von 60 bis 90 Mikrometer Durchmesser. Darin wird das Wasser über Kapillarkräfte aufgenommen und gehalten. Am oberen Federende hingegen verändert sich die Form der Widerhaken: Dort winden sie sich im feuchten Zustand zu einer Art Verschlusskappe, die das Wasser selbst auf einem längeren Flug festhält.

Mehr als die Hälfte des gespeicherten Wassers kann das Nama-Flughuhn so während eines halbstündigen Flugs festhalten – bei Geschwindigkeiten von bis zu 60 Kilometern pro Stunde. In den trockenen Regionen des südlichen Afrika bietet das einen gewaltigen Vorteil: Indem er Wasser aus Wasserlöchern aufnimmt und viele Kilometer zu seinem Nest transportiert, kann der Vogel auf Nistplätze in der Nähe eines Wasserlochs verzichten. Denn das lockt auch viele andere Tiere an – darunter Fressfeinde.

Müller und Gibson schlagen vor, die Federn des Flughuhns für bionische Anwendungen zu nutzen. In trockenen Regionen könnten die Strukturen helfen, effizienter Wasser aus morgendlichem Tau zu gewinnen. Und auch bei der täglichen Joggingrunde könnten Menschen davon profitieren – in Form von Sport-Wasserflaschen, in denen Wasser dank der Mikrostrukturen weniger stark hin und her schwappt. Dazu wollen die Forschenden die Flughuhnfeder-Strukturen nun mit 3D-Druckern nachbauen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2023/bionik-wie-das-nama-flughuhn-wasser-speichert/