Roboter taucht im Marianengraben

Jan Oliver Löfken

Dunkle Aufnahme einer felsigen Landschaft unter Wasser

NOAA Office of Ocean Exploration and Research

Bereits vor 61 Jahren tauchte der Schweizer Jacques Piccard mit seinem Boot Trieste im Marianengraben auf 10 916 Meter ab. Bislang halten nur schwere Tauchboote mit stabiler Stahlhülle dem enormen Wasserdruck von mehr als 100 Megapascal stand. Doch bionische Roboter nach dem Vorbild von Rochen könnten die Erforschung der Tiefsee zukünftig deutlich erleichtern. Wie Forscher nun in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, entwickelten sie einen Prototyp, der dank seiner weichen Struktur tief in den Marianengraben tauchen konnte – ohne dabei Schaden zu nehmen.

Wie schon viele zuvor entwickelte Tauchroboter ähnelt auch der neue Prototyp einem kleinen Rochen. Tiefeng Li von der Zhejiang-Universität in China und seine Kollegen fertigten ihr neues Modell aus flexiblem Silikongummi mit einer Spannweite von 28 Zentimetern. Als Antrieb dienten künstliche Muskeln aus einem elektroaktiven Kunststoff. Diese ließen sich mit Strompulsen aus einer integrierten Batterie periodisch zusammenziehen und wieder entspannen. Dank der daraus resultierenden Flügelschläge erreichte der Roboter eine Geschwindigkeit von etwa fünf Zentimetern pro Sekunde.

Bionischer Roboter schwimmt in einem tiefen See

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Damit der Prototyp den hohen Wasserdrücken in der Tiefsee standhalten kann, mussten Li und seine Kollegen vor allem die empfindliche Steuerelektronik schützen. Dies gelang ihnen, indem sie die einzelnen Elektronikbauteile über den Silikonkörper des Roboters verteilten. Als Vorbild für die dezentrale Anordnung diente ihnen ein Tiefseefisch der Art Pseudoliparis swirei, der erst im Jahr 2017 im Marianengraben entdeckt wurde. Denn der flache Schädelknochen dieser Fische nimmt ebenfalls eine relativ große Fläche ein.

In mehreren Schritten testeten Li und seine Kollegen die Stabilität der Elektronik sowie die Schwimmeigenschaften des Prototypen. Zunächst untersuchten sie ihren Roboter in einem Hochdruckwassertank im Labor. Danach folgten Feldversuche im Chinesischen Meer bei etwa 3200 Meter Wassertiefe und schließlich im Marianengraben im Ostpazifik in knapp 11 000 Meter Tiefe. Bei allen Versuchen blieb die Elektronik völlig intakt.

Zukünftig ließe sich das Prinzip der dezentral angeordneten Elektronik nutzen, um möglichst viele elektronische Sensoren in den bionischen Roboter zu integrieren. Doch vorerst werden die Roboter noch nicht die wenig bekannte Welt der Tiefsee erkunden. Denn bislang reichen selbst kleine Strömungen aus, um den Roboter vom Kurs abzubringen. Deswegen müsste vor allem der Antrieb mit effizienteren künstlichen Muskeln weiter optimiert werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2021/roboter-taucht-im-marianengraben/