Schaltbarer Strahlungsschutz

Jan Oliver Löfken

Tintenfisch im Meer, der sich kaum von seiner Umgebung unterscheidet

Unai Arnaz/iStock

Tintenfische sind wahre Meister der Tarnung. Mit ihren Muskeln kontrollieren sie farbgebende Zellen in ihrer Haut. So können sie ihr Äußeres blitzschnell an die Umgebung anpassen. Dieses Prinzip ahmten Forschende nun in einem neuartigen Material nach. Auf Knopfdruck kann es Licht, Wärme und Mikrowellenstrahlung abschirmen. Solche schaltbaren Werkstoffe lassen sich etwa für selbstverdunkelnde Fenster, zur Wärmeregulierung oder für Tarntechniken nutzen, so die Forschenden in der Fachzeitschrift „ACS Nano“.

Tintenfische können sich aufgrund verschiedener Effekte verfärben: Zum einen, indem sich die Zellen mit Farbpigmenten ausdehnen. Zum anderen können die Tiere filigrane Strukturen in unteren Hautschichten kontrollieren und so den Kontrast ihrer Färbung erhöhen.

Nach dem Vorbild des zweiten Effekts entwickelten Zhichuan J. Xu von der Nanyang Technological University in Singapur und sein Team von der chinesischen Nanjing University einen neuen Werkstoff. Er ist im Vergleich jedoch einfacher aufgebaut. Um ihn herzustellen, gab das Forschungsteam zunächst 30 Nanometer dünne Drähte aus Silber in eine Flüssigkeit. Diese Flüssigkeit verteilten die Forschenden dann auf eine elastische, vorgedehnte Kunststofffolie und ließen sie trocknen. Danach ließen sie die beschichtete Kunststofffolie um 30 Prozent zusammenziehen.

Durch dieses Verfahren formten die Nanodrähte eine faltenreiche Oberfläche. Die ungeordnete Struktur der Drähte führte dazu, dass die Folie über einen breiten Bereich des elektromagnetischen Spektrums so gut wie keine Strahlung durchließ: Die Folie war nicht nur völlig blickdicht, auch Wärmestrahlung und sogar Mikrowellen wurden nahezu vollständig abgeblockt. Dehnte man dagegen die Folie wieder auf etwa die doppelten Maße, zeigte sie sich für alle elektromagnetischen Wellen transparent. Denn in diesem stark gedehnten Zustand verschwanden nicht nur die Falten, sondern es öffneten sich auch kleine Lücken in der Nanodrahtbeschichtung. Durch diese konnte sich die elektromagnetischen Strahlung ausbreiten.

Selbst nachdem sich die Kunststofffolie hunderte Male ausgedehnt und wieder zusammengezogen hatte, erwies sie sich mitsamt ihren optischen Eigenschaften als stabil. Nun nehmen Xu und sein Team mögliche Anwendungen für das Material in den Blick: Etwa für die Medizintechnik, das Wärmemanagement von Gebäuden oder für Tarnkappentechnologien halten sie es für einsetzbar.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2023/bionik-schaltbarer-strahlungsschutz/