Selbstheilende Roboterhaut

Jan Oliver Löfken

Künstliche Darstellung einer Hand, die nach rechts zeigt.

Ilya Lukichev/iStock

Künstliche, mit Sensoren bestückte Häute verleihen Robotern bereits rudimentäre Sinne für Wärme oder Berührungen. Meistens bestehen die dünnen Hüllen aus Kunststoffen auf der Basis von Silikonen. Doch nun gingen Materialforscher einen Schritt weiter und züchteten eine Haut aus lebenden Zellen. In der Fachzeitschrift „Matter“ beschreiben sie, wie sie einen Roboterfinger mit dieser wasserabweisenden und selbstheilenden Haut ausstatten konnten.

Die Grundlage der neuartigen Roboterhaut bildet ein Verfahren, mit dem Forscher im Labor bereits flache Hautstücke gezüchtet haben. Doch diese ließen sich nicht bündig auf Roboter übertragen. Daher züchteten Shoji Takeuchi von der Universität Tokio und seine Kollegen die bionische Haut nun direkt auf der Oberfläche eines dreigliedrigen Roboterfingers: Sie stülpten einen Schlauch über den Roboter und befüllten ihn mit einer Nährlösung aus dem Strukturprotein Kollagen und lebenden Fibroblasten – die wichtigsten Hautzellen im menschlichen Bindegewebe. Nach wenigen Tagen entstand so eine geschlossene Haut, die sich eng an den Roboterfinger anschmiegte.

In einem zweiten Schritt fügten sie einen weiteren Zelltyp, die Keratinozyten, hinzu. Diese Hautzellen sind der häufigste Zelltyp der oberen Hautschicht und produzieren die stabilisierende Hornsubstanz Keratin. Nach zwei weiteren Wochen war der Roboterfinger schließlich vollkommen von einer stabilen und wasserabweisenden Haut umhüllt. Die neuartige Roboterhaut hielt dutzenden Biegebewegungen mühelos stand. Traten Risse auf, konnten diese mit einem speziellen Pflaster aus Kollagen wieder verschlossen werden.

Mehr als einige Tage hielt die Roboterhaut allerdings nicht. Trocknete die Haut, verlor sie besonders schnell ihre Flexibilität und riss bei Bewegungen. Dieses Problem will das Team um Takeuchi in weiteren Versuchen beispielsweise mit filigranen Kanälen beheben, um die Roboterhaut vor dem Austrocknen zu bewahren. Zusätzlich könnte die Haut in Zukunft mit Sensoren für Tastempfindungen und Temperatur ausgestattet werden. „Diese Arbeit ist ein erster Schritt hin zu Robotern, die komplett mit einer lebenden Haut umhüllt werden können“, sagt Takeuchi. Eine mögliche Anwendung sehen die Forscher in humanoiden Robotern. Dank ihrer bionischen Haut könnten sie menschliche Mimiken besser als ihre Vorgänger in Kunststoffhüllen imitieren.

Matter/Kawai et. al.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2022/bionik-selbstheilende-roboterhaut/