Sternenstaub enthüllt Geschichte des Meereises

Besondere Isotope am Meeresbodens offenbaren, wann das arktische Meer in den letzten 30 000 Jahren von Eis bedeckt und wann es eisfrei war.

Jan Oliver Löfken

Mehrere Eisschollen auf dem Meer

Laura Gemery/U.S. Geological Survey

Seit 1979 ist das Meereis rund um den Nordpol um fast die Hälfte zurückgegangen. Und in wenigen Jahrzehnten werden die Sommer dort wohl komplett eisfrei sein. Um besser zu verstehen und zu modellieren, wie sich das Meereis in der Arktis entwickelt, blicken Forschende auch in die Vergangenheit. In der Fachzeitschrift „Science“ präsentiert ein Forschungsteam, wie es mit einer neuen Methode einen Zusammenhang zwischen Meereis und kosmischem Staub herstellte und daraus präziser als je zuvor die Eisbedeckung der vergangenen 30 000 Jahre ermittelte.

Die Arbeitsgruppe um Frankie Pavia von der University of Washington in Seattle analysierte Proben von drei Stellen des Meeresbodens rund um den geografischen Nordpol. Dabei konzentrierten sich die Forschenden auf zwei Varianten von Atomen, sogenannte Isotope: Helium-3 und Thorium-230. Dabei stellten sie fest, dass je nach Schicht in der Bodenprobe schwankt, wie häufig die Isotope vorkommen.

Das hängt laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern direkt mit der Meereisbedeckung zusammen. So entsteht das Thorium-Isotop auf natürliche Weise im Meerwasser und lagert sich fortlaufend am Meeresboden ab. Das Helium-Isotop dagegen hat seinen Ursprung im All: Es ist in kosmischem Staub enthalten, der entsteht, wenn Sterne explodieren oder Kometen zusammenprallen. In kleinen Mengen fällt es auf die Erde, sammelt sich in den Eisschichten an der Meeresoberfläche und sinkt nur zu Boden, wenn das Eis vollständig geschmolzen ist.

Meereis blockiert kosmischen Staub

Das Verhältnis der beiden Isotope zeigt, wann die Arktis in den vergangenen 30 000 Jahren eisfrei und wann sie von einer geschlossenen Eisdecke bedeckt war: „Während der letzten Eiszeit gab es gar keinen kosmischen Staub in den arktischen Sedimenten“, berichtet Pavia. Damals, vor rund 20 000 Jahren, gab es demnach eine ganzjährig geschlossene Eisdecke, die verhinderte, dass die Heliumisotope zum Meeresboden absanken. Vor 15 000 Jahren folgte dann eine Warmphase. Das Meereis schmolz während der arktischen Sommermonate und der kosmische Staub lagerte sich auf dem Meeresboden ab. Danach wuchs die Eisdecke wieder und es folgten mehrfache Wechsel zwischen wärmeren und kälteren Phasen.

Nicht nur die bewegte Vergangenheit des arktischen Meereises lässt sich mit dieser neuen Methode rekonstruieren. Sie zeigt auch, dass in wärmeren Klimaphasen mehr Staub und damit mehr Nährstoffe ins Nordpolarmeer gelangten. Das beeinflusste die gesamte Nahrungskette – vom Wachstum des Planktons bis zu den Fischbeständen. Und es könnte laut Pavia auch ein Indiz sein, dass mit dem aktuellen Abschmelzen in Folge der Erderwärmung immer mehr Nährstoffe in das arktische Meer gelangen werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2025/arktis-sternenstaub-enthuellt-geschichte-des-meereises/