Meteoriten als Wasserlieferanten

Rainer Kayser

Blick vom Weltraum auf die Erde; Lichtspuren zeigen Gesteinsbrocken an, die sich der Erdatmosphäre nähern

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Durch Bruchstücke von Asteroiden gelangte Wasser auf unseren Planeten – nicht nur in der Frühzeit des Sonnensystems, sondern im Verlauf der gesamten Erdgeschichte. Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam, das die Häufigkeit einiger radioaktiver Elemente in Meteoriten untersuchte. Die Messwerte ließen sich nur erklären, wenn die Gesteinsbrocken noch vor weniger als einer Million Jahren flüssigem Wasser ausgesetzt waren, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.

Simon Turner von der Macquarie University in Sydney und seine Kollegen führten ihre Analysen an einer speziellen Art von Meteoriten durch. Die Gesteinsbrocken enthalten vergleichsweise viel Kohlenstoff und bestehen aus einem Material, das bereits im frühen Sonnensystem entstand – vermutlich jenseits der heutigen Jupiterbahn. Diese als kohlige Chondriten bezeichneten Steinmeteoriten überdauerten die komplette Entwicklungsgeschichte des Sonnensystems, wenn auch nicht ganz unverfälscht.

Vor 4,5 Milliarden Jahren sorgte beispielsweise flüssiges Wasser dafür, dass sich in dem Gestein der kohligen Chondriten bestimmte Mineralien formten. Bislang gingen Forscher davon aus, dass dieser Vorgang nach etwa vier Millionen Jahren abgeschlossen war und die Ursprungskörper der Meteoriten seither kaum noch Wasser enthalten. Demnach könnten Meteoriten den einst trockenen Gesteinsplaneten Erde nur in der Frühzeit des Sonnensystems mit Wasser beliefert haben. Doch diese Sichtweise muss offenbar revidiert werden.

Denn bei ihren Analysen stießen die Wissenschaftler um Turner auf ein Missverhältnis der radioaktiven Elemente Uran und Thorium: Die Häufigkeiten verschiedener Isotope stimmen nicht mit den anhand der Zerfallszeiten erwarteten Werten überein. Dafür gebe es, so die Wissenschaftler, nur eine Erklärung: Das Gestein muss flüssigem Wasser ausgesetzt gewesen sein. Denn Uran ist in Wasser löslich, Thorium dagegen nicht. Durch Wasser kann sich das Mischungsverhältnis der Isotope daher verändern.

Im Lauf der Zeit verwischt der radioaktive Zerfall der Elemente diesen Effekt allerdings. Folglich kann der Kontakt mit Wasser nicht allzu lange her sein. Turner und seine Kollegen schätzen, dass es sich nur um wenige Hunderttausend Jahre handeln dürfte. Das Team vermutet, dass auf den Ursprungsasteroiden noch vorhandenes Eis durch Einschläge kleinerer Körper schmilzt und die Isotopenverhältnisse im Gestein verändert. Die Einschläge führen darüber hinaus zum Auswurf von Trümmerstücken, die dann gelegentlich als Meteoriten auf die Erde fallen. Wenn die Forscher mit dieser These richtigliegen, dann müssten die Ursprungskörper der kohligen Chondriten noch heute gefrorenes Wasser enthalten – und ihre Trümmer bis heute Wasser auf die Erde bringen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/meteoriten-als-wasserlieferanten/