Bakterien bauen Bioplastik

Jan Oliver Löfken

Vergrößertes Bild zweier grauer Plastikblöcke mit rauer Bruchkante vor blauem Hintergrund

Bildquelle: KOH Sangho

Jedes Jahr werden rund 400 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Doch nur 14 Prozent davon gelangen nach dem Gebrauch in einen Recyclingkreislauf. Deshalb setzen Forschende zunehmend auf biologisch abbaubare Kunststoffe als Alternative zu den meist aus Erdöl produzierten Produkten. Dazu zählt etwa Polymilchsäure, die als Verpackungsmaterial Polyethylen oder Polypropylen ersetzen kann. Doch erst durch den Zusatz eines weiteren Polymers ist dieser biobasierte Kunststoff stabil genug und vollständig biologisch abbaubar. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler veränderten nun das Erbgut von Bakterien derart, dass sie genau dieses zusätzliche Polymer herstellen konnten. Ihre Ergebnisse präsentieren sie in der Fachzeitschrift „ACS Sustainable Chemistry & Engineering“.

Polymilchsäure – kurz PLA für polylactic acid – lässt sich über mehrere Prozessschritte aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrohr oder Mais herstellen. Noch sind sie aber häufig zu spröde und lassen sich nicht vollständig abbauen – das verhindert den breiten Einsatz. Die Lösung: Polylaktat-co-3-hydroxybutyrat, kurz LAHB. Vermischt man PLA mit diesem Polymer lassen sich die Nachteile beheben. Doch bislang sind die weltweit produzierten Mengen solcher Polymere relativ gering.

Die Arbeitsgruppe um Sangho Koh an der Universität Kobe konnte dies nun ändern und fand einen neuen Ansatz auf dem Weg zu einer günstigen Massenproduktion. Sie veränderte das Erbgut der Bakterienart Cupriavidus necator. Danach produzierten die Bakterien – gefüttert mit Glukose – genau dieses Polymer LAHB sehr effizient in hoher Qualität mit langen Ketten. Verantwortlich dafür war die genetisch bedingte Veränderung des Stoffwechsels der Mikroben.

Vollständig zersetzt in einer Woche

Nach dem Erfolg im Bioreaktor stellten die Forschenden Kunststoffmischungen aus Polymilchsäure her, die 15 Prozent LAHB enthielten. So erhielten sie eine durchsichtige Plastikfolie, die deutlich stabiler war als Folien aus reiner Polymilchsäure. Zudem zersetzte sich der neue Kunststoff in salzigem Meerwasser innerhalb einer Woche nahezu vollständig. Dank dieser Eigenschaft verursachen diese Folien keinen zusätzlichen langlebigen Plastikmüll in den Weltmeeren.

Trotzdem sind biologisch abbaubare Kunststoffe nur einer von mehreren Wegen, um die Verschmutzung der Umwelt mit Plastik nach oft nur sehr kurzer Nutzung zu reduzieren. Denn die Reststoffe nach dem Abbau verbleiben weiterhin in der Natur. Deshalb arbeiten zahlreiche Forschungsgruppen parallel an möglichst geschlossenen Stoffkreisläufen von Plastik. Das Ziel ist, alle eingesetzten Kunststoffprodukte zu recyceln. Zwar gelingt bisher nur die Produktion von Kunststoffen geringerer Qualität aus Plastikmüll, doch in Zukunft sollen auch hochwertige Recyclingprodukte entstehen können.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2024/kunststoffe-bakterien-bauen-bioplastik/