Die Struktur von Eiszapfen

Jan Oliver Löfken

Mehrere schmelzende Eiszapfen in einer Reihe

Stephen Morris. Lizenz: CC BY 2.0

An manchen Dachkanten werden sich auch im kommenden Winter wieder Eiszapfen bilden. Häufig ist die Oberfläche dieser Eiszapfen nicht glatt, sondern geriffelt. Die geriffelte Struktur entsteht, wenn Wasser in Schüben an den Dachkanten herabrinnt und an der Oberfläche zu Eis erstarrt. Diesen Prozess haben Physiker nun im Labor genauer untersucht. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review E“ berichten, stellten sie in ihren Experimenten einen Zusammenhang zwischen den Riffeln auf der Oberfläche und Einschlüssen aus flüssigem Wasser im Innern der Zapfen fest.

John Ladan und Stephen W. Morris von der University of Toronto bauten in ihrem Labor eine Art Dachrinne mit Löchern, durch die sie in kleinen Schüben flüssiges Wasser schütteten. Bei Temperaturen zwischen minus 10 und minus 15 Grad Celsius wuchsen unter den Löchern daraufhin Dutzende Eiszapfen. Wie frühere Studien bereits gezeigt hatten, spielten für die Bildung der Riffelstrukturen Verunreinigungen im Wasser eine wichtige Rolle. Daher mischten Ladan und Morris verschiedene Mengen Kochsalz, Traubenzucker oder auch eine fluoreszierende Substanz in das Wasser.

Die so gezüchteten Eiszapfen mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Riffelstruktur untersuchten die beiden Forscher nun genauer. Dazu analysierten sie den inneren Aufbau der Eiszapfen sowohl anhand von dünnen Querschnitten der Zapfen als auch mithilfe von ultraviolettem Licht, das die fluoreszierenden Verunreinigungen sichtbar machte. Ihr Ergebnis: Trat ein Riffel an der Oberfläche auf, war darunter im Innern des Eiszapfens stets eine kleine Menge an flüssigem Wasser eingeschlossen. In diesen Bereichen verhinderte eine hohe Konzentration der beigemischten Verunreinigungen, dass das Wasser zu Eis erstarrte.

Mit diesem Nachweis flüssiger Einschlüsse konnten Ladan und Morrison die Riffelstruktur von Eiszapfen abermals auf eine Verunreinigung des herabrinnenden Wassers zurückführen. Zudem bestimmten sie die Abstände der Riffel, die mit acht bis zehn Millimetern weitestgehend konstant war. Diese Abstände waren also unabhängig von der Art und Menge der Verunreinigungen. Den Grund dafür konnten die Forscher zwar noch nicht aufdecken, doch sie hoffen, dieses überraschende Phänomen mit weiteren Experimenten in Zukunft erklären zu können.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2022/eis-die-struktur-von-eiszapfen/