Asteroidenschauer vor 800 Millionen Jahren

Rainer Kayser

Die Illustration zeigt verschiedene Himmelskörper, die auf ein größeres Objekt einschlagen.

Murabaya/Universität Osaka

Vor 800 Millionen Jahren zerbrach in unserem Sonnensystem ein etwa hundert Kilometer großer Asteroid und überschüttete Erde und Mond mit seinen Trümmerstücken. Darauf deutet die Analyse von knapp sechzig Mondkratern durch ein Forscherteam aus Japan hin. Das heftige Bombardement könnte demnach auch der Auslöser für den Übergang in das erdgeschichtliche Zeitalter des Cryogeniums gewesen sein, in dem ein großer Teil der Erde von Eis und Schnee bedeckt war. Die Analyse bestätige, dass solche Asteroidenschauer einen erheblichen Einfluss auf das Klima und die Entwicklung des Lebens auf der Erde hatten, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“.

„Einschläge von Asteroiden haben katastrophale Folgen für die terrestrische Ökosphäre“, erklären Kentaro Terada von der Universität Osaka und seine Kollegen. Das bekannteste derartige Ereignis ist wohl der Einschlag eines 10 bis 15 Kilometer großen Himmelskörpers vor 66 Millionen Jahren im Norden der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko. In dessen Folge starben nicht nur die Dinosaurier aus, sondern auch ein großer Teil der damaligen Tier- und Pflanzenwelt. Doch bislang ist unklar, ob es sich dabei um eine seltene Ausnahme handelte oder ob solche kosmischen Ereignisse eine entscheidende Rolle in der Erdgeschichte spielten. Denn da auf der Erde die Spuren solcher Einschläge durch Tektonik, Vulkanismus und Erosion verschwinden, lassen sich insbesondere keine Einschlagkrater für die frühe Erdgeschichte bis vor etwa 600 Millionen Jahren nachweisen.

Deshalb richteten Terada und seine Kollegen ihren Blick auf den Mond. Denn die meisten großen Einschläge sollten – so argumentieren die Forscher – die Folge von kosmischen Kollisionen im Asteroidengürtel sein. Dabei zerbrechen größere Asteroiden, die Trümmerstücke dringen in das innere Sonnensystem ein und lösen dort für längere Zeit ein Bombardement aus. Und dieses müsste dann Erde und Mond gleichermaßen getroffen haben, wobei die Spuren auf dem atmosphärenlosen Mond bis heute erhalten sein sollten. Deswegen untersuchten Terada und seine Kollegen – mithilfe von Daten des japanischen Mondorbiters Kaguya – die Ursache von 59 Mondkratern mit Durchmessern über 20 Kilometern. Es zeigte sich, dass mindestens acht – möglicherweise sogar bis zu 17 – dieser Krater etwa zur gleichen Zeit vor 800 Millionen Jahren entstanden sind.

Zu jener Zeit muss es also einen enormen Asteroidenschauer gegeben haben. Aus Anzahl und Größe der Krater schätzen die Forscher, dass die damaligen Einschläge auf der Erde insgesamt den Yukatan-Einschlag um das 30- bis 60-fache an Masse übertrafen. „Ein solches Bombardement müsste einen erheblichen Einfluss auf die Umweltbedingungen auf der Erde haben“, so die Forscher. Deshalb sei es sicher kein Zufall, dass der Asteroidenschauer mit dem Übergang vom Erdzeitalter des relativ warmen Tonium in das kühle Cryogenium zusammenfällt. Denn solche Einschläge können zu großen Mengen an Staub in der Hochatmosphäre führen und so die Erde auf lange Zeit erheblich abkühlen. „Es ist also nicht abwegig anzunehmen“, so Terada, „dass das Bombardement vor 800 Millionen Jahren zur Vereisung der Erde geführt hat.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/asteroidenschauer-vor-800-millionen-jahren/