Asteroid schaffte Lebensraum für Mikroben

Rainer Kayser

Foto eines Querschnitt durch einen Bohrkern: In schwarzem Gestein befinden sich hellgraue, glänzende Einschlüsse

D. A. Kring

Der Einschlag eines Asteroiden im Norden der mexikanischen Halbinsel Yucatán vor 66 Millionen Jahren leitete das Aussterben der großen Dinosaurier ein – schuf aber zugleich Lebensraum für Mikroben. Das zeigt die Analyse eines unterseeischen Bohrkerns durch ein internationales Forscherteam. Demnach bildete sich durch den Einschlag ein ausgedehntes hydrothermales System in der Erdkruste. Solche Zonen, in denen heißes Wasser und Gase zirkulieren, gelten als mögliche Orte für den Ursprung irdischen Lebens. Somit könnten auch Asteroideneinschläge auf der jungen Erde die Entstehung und Entwicklung des Lebens gefördert haben, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Advances“.

Noch heute zeugt der 180 Kilometer große Chicxulub-Krater von dem gewaltigen Asteroideneinschlag, der den Übergang von der Kreidezeit zum Paläogen auslöste. In den vergangenen Jahren fanden Forscher erste Hinweise auf die Entstehung eines hydrothermalen Systems nach dem Einschlag. Wie lange dieser Bereich im Chicxulub-Krater existierte und bis in welche Tiefe er sich erstreckte, blieb bislang allerdings offen. Um das Rätsel zu lösen, untersuchten David Kring vom Lunar and Planetary Institute im amerikanischen Houston und seine Kollegen nun bis in eine Tiefe von 1335 Metern unter den Meeresboden reichende Gesteinsproben. „Es handelt sich um eine einzigartige Gelegenheit, die thermale und chemische Veränderung der Erdkruste durch einen Einschlag zu untersuchen“, so Kring.

Die Auswertung des Bohrkerns zeigt, dass sich nach dem Einschlag bis in eine Tiefe von 700 Metern ein ausgedehntes hydrothermales System gebildet hat, in dem zunächst Temperaturen von 300 bis 400 Grad Celsius herrschten. Erst nach etwa zwei Millionen Jahren waren die Temperaturen dort auf unter 100 Grad Celsius abgesunken. Das Gesamtvolumen des Systems schätzen die Wissenschaftler um Kring auf rund 140 000 Kubikkilometer. Damit übertrifft es das hydrothermale System unter dem Yellowstone-Vulkan um das Neunfache. Zudem offenbarte der Bohrkern zahlreiche poröse Bereiche in den Gesteinsschichten – ideale Lebensräume für Mikroben.

Asteroideneinschläge können demnach lang andauernde hydrothermale Systeme entstehen lassen und so ideale Zonen für die Evolution von Leben schaffen, schließen Kring und sein Team. Hinzu komme, dass solche Einschläge auf der frühen Erde erheblich häufiger waren als in der jüngeren Geschichte. Damit ergänzen die durch Einschläge entstandenen Systeme die bereits lange bekannten hydrothermalen Systeme im Bereich von Vulkanen als möglichen Ursprungsort des irdischen Lebens.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/asteroid-schaffte-lebensraum-fuer-mikroben/