Warum viele ferne Asteroiden rot sind

Rainer Kayser

Himmelskörper mit roter Verfärbung im oberen Bereich

NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute

Seit langem rätseln Astronomen, warum viele der eisigen Objekte, die jenseits der Planeten unseres Sonnensystems um die Sonne kreisen, eine rötlich gefärbte Oberfläche besitzen. Jetzt glauben drei Forscher, eine Lösung gefunden zu haben: Eisvulkanismus könnte die Ursache sein. Dabei trete auch Methan aus dem Inneren der Himmelskörper aus, wandle sich unter dem Einfluss der kosmischen Strahlung in schwerere Moleküle um und lagere sich dann als rötlicher Belag auf der Oberfläche ab, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“.

Stephanie Menten, Michael Sori und Ali Bramson von der Purdue University in den USA stießen auf diese Erklärung, als sie sich mit Charon, dem größten Mond des Zwergplaneten Pluto, befassten. Auch dieser zeigt eine auffällige rote Färbung, jedoch nur an seinen Polen. Bislang gingen die Planetenforscher davon aus, dass diese roten Polkappen durch Methan entstehen, das aus der Atmosphäre Plutos in den Weltraum entweicht. Demnach zieht der Plutomond Charon einen Teil des Methans an, wodurch es sich in Form einer Eisschicht an den Polen ablagert. Kosmische Strahlung aus dem All löst dann, so die Annahme, chemische Reaktionen der Methanmoleküle aus, die über lange Zeiträume zur Bildung schwererer Moleküle wie etwa Tholin führen – und diese verursachen eine rötliche Färbung.

„Doch auch auf ähnlich großen Objekten im Kuipergürtel, die nicht an einen Zwergplaneten gebunden sind, gibt es solche aus Methan entstandenen Moleküle“, erläutern Menten und ihre Kollegen. Deshalb erschien ihnen diese Erklärung zu kurz zu greifen – und sie machten sich auf die Suche nach einer Ursache, die ohne einen weiteren Himmelskörper auskommen sollte.

Dabei hatten sie folgende Vermutung: Das Methan stamme womöglich aus dem Inneren der rötlich gefärbten Objekte selbst. Tatsächlich gibt es auf Charon Spuren von Kryovulkanismus, Vulkanismus also, bei dem nicht heißes Gesteinsmagma, sondern ein Gemisch aus gefrorenem und flüssigem Wasser aus dem Inneren an die Oberfläche dringt. Dieses Eismagma enthält auch Methan, das bei kleinen Himmelskörpern zwar schnell ins Weltall entweicht. Aber ein kleiner Anteil davon lagert sich als Methaneis auf der Oberfläche ab und ist dort der kosmischen Strahlung ausgesetzt.

Menten und ihre Kollegen errechneten daraufhin, dass Eisvulkane insgesamt über eine Billion Tonnen Methan an die Oberfläche von Charon transportiert haben – und dass sich dieses Methan bevorzugt an den Polen abgelagert haben sollte. Diese Menge, so die Forscher, reiche aus, um die rötliche Färbung der Pole auch ohne den Einfluss von Pluto zu erklären. Außerdem sei ein solcher Prozess auch auf anderen Objekten des Kuipergürtels möglich und könne die rote Färbung zahlreicher Asteroiden erklären, so die Forscher: „Das Ausströmen von Methan aus dem Inneren könnte also ein häufiger und wichtiger Prozess im gesamten Kuipergürtel sein.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-warum-viele-ferne-asteroiden-rot-sind/