Eisvulkane auf Pluto

Rainer Kayser

Landschaft mit kuppelförmigen Erhebungen

NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/Isaac Herrera/Kelsi Singer

Auf dem Zwergplaneten Pluto gibt es bis zu sieben Kilometer hohe Eisvulkane – die vermutlich bis in die jüngste Zeit hinein aktiv waren oder noch immer sind. Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam, das Bilder der Raumsonde „New Horizons“ neu analysiert hat und die Ergebnisse im Fachblatt „Nature Communications“ vorstellt.

Pluto ist mit einem Durchmesser von 2377 Kilometern der größte Himmelskörper am Rand des Sonnensystems. Jenseits des Planeten Neptun umkreist er im Kuipergürtel, in dem sich auch viele weitere überwiegend eisbedeckte Objekte aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems befinden, die Sonne. Im Juli 2015 flog die Raumsonde „New Horizons“ nach über neunjähriger Flugzeit an dem Zwergplaneten vorüber und lieferte erstmals hochaufgelöste Bilder und Daten von Pluto und seinen Monden zur Erde.

Auf den Bildern sind neben alten, kraterübersäten Regionen auch außergewöhnlich junge Regionen auf Pluto – fast ohne Krater – zu sehen. In manchen Regionen wiederum hat sich die Oberfläche durch Erosion, Verdampfung und Ablagerung offenbar stetig erneuert. Besonders fällt dabei die Sputnik Planitia auf, eine 1000 Kilometer große Tiefebene, die vermutlich in der Frühzeit des Zwergplaneten durch den Einschlag eines großen Himmelskörpers entstanden ist. Sie ist von einer kilometerdicken Schicht aus gefrorenem Stickstoff bedeckt und nahezu frei von Kratern.

Für Rätsel sorgten bislang jedoch kuppelförmige Strukturen am südwestlichen Rand der Ebene. Und diese Strukturen untersuchten nun Kelsi Singer vom Southwest Research Institute in den USA und ihre Kollegen. Dabei stellten sie fest: Es handelt sich wohl um Vulkandome, also Gipfel von Vulkanen, an denen sich das vom Vulkan ausgestoßene und erkaltete Material sammelt. Bei den Vulkanen auf Pluto drang jedoch keine heiße Gesteinsschmelze, das Magma, aus dem Inneren des Zwergplaneten an die Oberfläche, sondern ein zähflüssiges Gemisch aus Wasser und Eis. Dieses als Kryovulkanismus bezeichnete Phänomen kennen die Forscher bereits von Monden der Planeten Jupiter, Saturn und Neptun. Doch die Größe und Form der Eisvulkane auf Pluto sei einzigartig, so Singer und ihre Kollegen.

Die Vulkandome auf Pluto sind bis zu sieben Kilometer hoch und haben Durchmesser von 10 bis 150 Kilometern. Teilweise überlagern sich die Dome gegenseitig und bilden so noch größere Strukturen. Insgesamt müssen dort nach den Berechnungen des Teams mehr als 10 000 Kubikkilometer der eisigen Masse aus dem Inneren des Zwergplaneten an die Oberfläche gefördert worden sein. Und das bis in die jüngste Zeit hinein, denn aufgrund ihrer Lage am Rand der Sputnik Planitia sollten einige der Eisvulkane nur wenige hundert Millionen Jahre alt sein.

Die Vulkane konnten jedoch nur aktiv sein, wenn Wärme im Inneren Plutos das Gemisch aus Wasser und Eis nach außen trieb. Das wirft die Frage auf, welche Wärmequelle die eisigen Vulkane antreibt. Eine Antwort darauf haben Singer und ihre Kollegen noch nicht. „Entweder hat der innere Aufbau Plutos und seine Entwicklung eine längere Speicherung von Wärme möglich gemacht“, stellen die Wissenschaftler jedoch fest, „oder mehr Wärme erzeugt, als wir bislang angenommen haben.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-eisvulkane-auf-pluto/