Exoplaneten mit rätselhafter Atmosphäre

Rainer Kayser

Rötlicher Planet vor einem hell leuchtenden Himmelskörper

ESO/M. Kornmesser

Die beiden Exoplaneten WASP-76b und WASP-121b enthalten hoch in ihrer Atmosphäre das schwere Element Barium. Das zeigen hochauflösende Analysen mit dem Very Large Telescope in Chile. Es ist das schwerste Element, das sich bislang in der Atmosphäre von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachweisen ließ. Und es stellt die Astronomen vor ein Rätsel: Bei der starken Anziehungskraft der beiden Planeten sollten sich keine derart schweren Stoffe in der oberen Atmosphäre befinden, schreiben die Entdecker im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.

Bei den beiden Planeten handelt es sich um 640 und 860 Lichtjahre von der Erde entfernte Gasplaneten. Die Forscher nennen diese Planeten auch Heiße Jupiter, da sie in ihrer Größe und Masse dem Jupiter in unserem Sonnensystem ähneln. Allerdings sind sie ihrem Zentralstern deutlich näher und umrunden ihn in weniger als zwei Tagen auf engen Bahnen. Durch die Nähe zum Stern ist es in den Atmosphären der Planeten außerdem etwa 2000 Grad Celsius heiß. „Da sie hauptsächlich aus Gas bestehen und sehr heiß sind, besitzen die Planeten ausgedehnte Atmosphären“, erläutert Olivier Demangeon von der Universität Porto in Portugal. Deshalb lassen sich ihre Atmosphären viel leichter untersuchen als jene von kleineren und kühleren Planeten. Außerdem ziehen die beiden Planeten auf ihren Bahnen regelmäßig vor ihrem Zentralstern vorüber und lassen sich dann gut beobachten.

So verdeckt ein Planet jedes Mal, wenn er vor dem Stern vorüberzieht, einen Teil des Sterns und schwächt dessen Licht ab. Ein kleiner Teil des Sternenlichts strahlt jedoch durch die Atmosphäre des Planeten hindurch. In diesem Teil des Sternenlichts hinterlässt die Atmosphäre eine Art Fingerabdruck: Die Stoffe, aus denen die Atmosphäre besteht, absorbieren das Sternenlicht bestimmter Wellenlängen. Das durch die Atmosphäre gelangte Sternenlicht analysierten die Forscher nun am VLT, dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO. Mithilfe des Instruments ESPRESSO ermittelten sie das Lichtspektrum, bestimmten also, aus welchen Wellenlängen sich das Licht zusammensetzt. Daraus schlossen sie, welche Stoffe in den Atmosphären der Planeten vorkommen und die im gemessenen Spektrum fehlenden Wellenlängen verursachen.

Mit ihren Messungen bestätigten Demangeon und seine Kollegen zunächst eine Vielzahl von Stoffen, auf die bereits frühere Beobachtungen hingewiesen hatten, spürten aber auch bisher dort unentdeckte Elemente wie Kobalt und Strontium auf. Schließlich stießen sie auf ein typisches Wellenlängenmuster für Barium – und zweifelten zunächst daran, dass diese tatsächlich von den Exoplaneten stammen. „Wir haben dort kein Barium erwartet“, sagt Azevedo Silva von der Universität Porto, denn nie zuvor war ein solch schweres Element in der Atmosphäre eines Exoplaneten entdeckt worden. Erst nach weiteren Überprüfungen waren die Wissenschaftler von ihrer überraschenden Entdeckung überzeugt.

Der Nachweis von Barium in den Atmosphären von gleich zwei fernen Gasplaneten deute nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass solche schweren Elemente häufig in den Atmosphären von extrem heißen Vertretern unter den Heißen Jupitern auftreten könnten. Doch eigentlich sollte Barium sehr schnell aus der oberen Atmosphäre nach unten absinken, erläutern die Forscher. Ihrer Einschätzung nach müsse es bislang unbekannte Strömungen in den Atmosphären von WASP-76b und WASP-121b geben, die solche Stoffe in die Hochatmosphäre transportieren.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/heisse-jupiter-exoplaneten-mit-raetselhafter-atmosphaere/