Spiralbahn um alten Stern

Rainer Kayser

Hell leuchtender Himmelskörper im All, an dem im Vordergrund ein Planet vorbei zieht

Gabriel Perez Diaz/Instituto de Astrofísica de Canarias

2600 Lichtjahre von der Erde entfernt bahnt sich ein kosmisches Spektakel an: Der Planet Kepler-1658b nähert sich seinem Stern auf einer Spiralbahn und stürzt in etwa 2,5 Millionen Jahren in diesen hinein. Das zeigen Beobachtungen mehrerer Teleskope. Es ist das erste Mal, dass ein Forscherteam diesen Vorgang bei einem Planeten um einen weit entwickelten Stern nachweisen konnte. Damit erhielten sie auch einen Einblick in die Zukunft unseres Sonnensystems, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

Gemeinsam mit seinen Kollegen wertete Shreyas Vissapragada vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in den USA Aufnahmen der Weltraumteleskope Kepler und TESS, sowie des Hale-Teleskops der Sternwarte Palomar aus, die den Stern namens Kepler-1658 zeigen. Er zählt zu den älteren Sternen, die bereits weit entwickelt sind. Solche Sterne haben den größten Teil ihres nuklearen Energievorrats schon aufgebraucht und beginnen, sich zu einem roten Riesenstern aufzublähen. Auch unsere Sonne erreicht dieses Stadium in etwa fünf Milliarden Jahren.

Laut den gängigen Theorien sollten solche Sterne besonders effektiv darin sein, Planeten auf engen Umlaufbahnen immer näher an sich heranzuziehen – bis diese schließlich in den Stern hineinfallen. „Aber wir haben dieses Phänomen noch niemals bei einem Planeten eines weit entwickelten Sterns nachweisen können“, berichtet Vissapragada. Ein geeigneter Kandidat dafür ist der Planet Kepler-1658b, der sich auf einer extrem engen Umlaufbahn um den Stern Kepler-1658 befindet: Seine Entfernung vom Stern beträgt nur etwa ein Zwanzigstel des Abstands zwischen Erde und Sonne.

Von der Erde aus gesehen zieht der jupitergroße Gasplanet Kepler-1658b regelmäßig vor seinem Stern vorüber und schwächt dabei dessen Helligkeit geringfügig ab. Anhand dieses Vorgangs berechneten die Forscher, dass die Umlaufzeit des Planeten lediglich 3,8 Tage beträgt. Eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum – von den Jahren 2009 bis 2022 – sollte dann zeigen, ob sich die Umlaufperiode verändert. Mithilfe eines aufwendigen Analyseverfahrens stellte das Team tatsächlich eine Abnahme der Umlaufzeit fest – um 131 Millisekunden pro Jahr. Das deutet darauf hin, dass sich der Planet immer schneller bewegt und sich auf einer Spirale dem Stern nähert. In etwa 2,5 Millionen Jahren, so die Forscher, werde Kepler-1658b endgültig in seinen Stern stürzen.

Ursache für dieses kosmische Spektakel sind die Gezeitenkräfte, die Stern und Planet bei einem so geringen Abstand aufeinander ausüben. Im Detail ist diese Wechselwirkung allerdings komplex und hängt beispielsweise vom inneren Aufbau der Himmelskörper ab. „Wir haben jetzt erstmals ein Beispiel für einen Planeten auf einer Spiralbahn um einen entwickelten Stern und können damit unsere Modelle für die Gezeitenphysik verbessern“, betont Vissapragada. „Kepler-1658 ist für uns also eine Art kosmisches Labor – und mit ein wenig Glück finden wir noch viele weitere solche Systeme.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/exoplaneten-spiralbahn-um-alten-stern/