Treibhausgas lässt Wälder schneller wachsen

Jan Oliver Löfken

Wald aus der Vogelperspektive

Jarmo Piironen/iStock

Seit Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert bis zum Jahr 2015 setzte die Menschheit gut 600 Milliarden Tonnen an Kohlendioxid in die Atmosphäre frei. Ein knappes Drittel dieser enormen Kohlenstoffmenge wurde durch Pflanzen wieder aufgenommen – eine höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre fördert das Pflanzenwachstum sogar. Wie stark dieser Effekt ausgeprägt ist, schätzte ein internationales Forscherteam nun in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ ab.

Der Fokus der Forscher um Yongwen Liu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking lag auf dem Wachstum von Wäldern in der nördlichen Hemisphäre. Die Wissenschaftler zogen ein Dutzend verschiedener Modellrechnungen für die vergangenen fünf Jahrzehnte und Ergebnisse von sieben Freilandversuchen heran. Bei solchen Experimenten wachsen Pflanzen in geschlossenen Behältern, in die sich gezielt CO2 einspeisen lässt. Unter diesen kontrollierten Bedingungen können Forscher das Wachstum bei einer erhöhten CO2-Konzentration genau untersuchen.

Für die aktuelle Vergleichsstudie bewertete und gewichtete das Team um Liu die teils stark schwankenden Daten aus den Modellen und Freilandversuchen. Das Resultat: Allein die großen Wälder auf der Nordhalbkugel – vor allem in Kanada und Russland – könnten bei einem CO2-Anstieg um 0,1 Promille etwa 640 Millionen Tonnen mehr Kohlenstoff pro Jahr speichern. Extrapoliert auf die Wälder weltweit erhöht sich dieser Wert auf 3,5 Milliarden Tonnen. So groß diese Menge klingen mag – die Erderwärmung ließe sich über diesen Effekt keineswegs verhindern. Eine Abkehr von fossilen Brennstoffen und CO2-intensiver Zementproduktion bleibt ohne Alternative.

Dank dieser neuen Abschätzung lassen sich Klimamodelle künftig feiner justieren. Doch halten Liu und seine Kollegen weitere Freilandversuche für notwendig, um den CO2-Einfluss auf das Pflanzenwachstum in verschiedenen Klimazonen noch genauer zu ermitteln. Denn aufgrund der fortlaufenden Erderwärmung verändern sich neben dem CO2-Anstieg auch andere wichtige Faktoren für das Pflanzenwachstum wie die vorherrschenden Temperaturen und der Niederschlag.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2019/treibhausgas-laesst-waelder-schneller-wachsen/