Wenn der Permafrost taut

Jan Oliver Löfken

Luftaufnahme von von Schneefeldern bedeckter Boden

GeorgeBurba/iStock

Die Permafrostböden Sibiriens bilden einen gigantischen Kohlenstoffspeicher. In den ganzjährig gefrorenen Böden der Arktisregion lagern, so schätzen Forscher, etwa 1300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – also doppelt so viel wie derzeit in der Erdatmosphäre in Form von Kohlenstoffdioxid oder Methan gebunden ist. Doch mit steigenden Temperaturen erwärmt sich auch der Permafrost und wird zu einer Quelle für Treibhausgase, die wiederum den Klimawandel beschleunigen. Um dieses Risiko besser abzuschätzen, analysierten Forscher nun die Emissionen von Kohlenstoff aus Permafrostböden in den letzten 27 000 Jahren. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, tauten große Teile des Permafrosts während drei vergangener Warmphasen auf und setzten dabei signifikante Kohlenstoffmengen frei.

Für ihre Analyse untersuchten Örjan Gustafsson von der Universität Stockholm und seine Kollegen einen acht Meter langen Bohrkern aus dem Meeresboden des Lomonossow-Rückens im Arktischen Ozean. Dieser Bohrkern diente ihnen als Klimaarchiv, das in seinen zahlreichen Schichten die Kalt- und Warmphasen von vor 28 000 Jahren bis in die vorindustrielle Zeit anzeigt. Über genaue Analysen der im Bohrkern enthaltenen Kohlenstoffisotope C-13 und C-14 und weiterer organischer Substanzen ließ sich auf den jeweiligen Zustand der Permafrostböden zurückschließen.

Während des sogenannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisses vor etwa 27 000 Jahren erwärmte sich die nördliche Hemisphäre relativ schnell. Der Meeresspiegel stieg und Mikroorganismen wandelten den im auftauenden Permafrost gespeicherten Kohlenstoff zu Kohlenstoffdioxid und Methan um. Vor 12 900 bis 14 700 Jahren folgte die Bølling-Allerød-Warmphase mit ähnlichen Auswirkungen auf den Permafrost. Und schließlich kam es nach der letzten Kaltzeit im Holozän – dem frühen Menschenzeitalter – vor 11 700 Jahren abermals zu einem Temperaturanstieg, der weite Teile der damaligen Permafrostböden auftaute. Über den Zeitraum von vor 26 000 bis vor 10 000 Jahren stiegen die Temperaturen in der Nordhalbkugel um etwa 3,5 Grad Celsius und der Meeresspiegel stieg um 134 Meter. Parallel verringerte sich die Menge des im Permafrost gespeicherten Kohlenstoffs um 220 bis 260 Milliarden Tonnen.

Die Studie zeigt, wie stark Permafrostböden auch während relativ kurzer Warmphasen auftauen und Klimagase freisetzen können. Schon eine Erwärmung um wenige Grad Celsius reicht demnach aus, um in kürzester Zeit große Teile der Permafrostböden zu verlieren. Auf dieser Basis lässt sich nun genauer abschätzen, wie schnell die heute noch existierenden Permafrostböden bei einem weiteren Temperaturanstieg auftauen könnten. Es besteht zudem ein großes Risiko, dass die dabei freigesetzten Mengen an Klimagasen den Klimawandel noch zusätzlich beschleunigen werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/wenn-der-permafrost-taut/