Schnelle Magmaströme unter Island

Jan Oliver Löfken

Luftaufnahme eines Vulkanausbruchs, bei dem glühende Lava in die Luft geschleudert wird.

Euan J. F. Mutch

Island zählt zu den vulkanisch aktivsten Regionen der Erde. Denn die Insel liegt direkt auf dem mittelozeanischen Rücken – der Grenze zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Platte. Wie schnell flüssiges Magma durch den Vulkanschlot zur Erdoberfläche aufsteigt, haben Wissenschaftler nun durch die Analyse vulkanischen Gesteins und mithilfe von Computermodellen abgeschätzt. Die in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ veröffentlichte Studie könnte zu einer verbesserten Vorhersage von Vulkanausbrüchen führen.

Euan Mutch von der englischen Cambridge University und seine Kollegen sammelten im Krater des vor 7000 bis 10 500 Jahren ausgebrochenen Vulkans Borgarhraun zahlreiche Proben erstarrter Lava. Darin eingeschlossene Olivin-Kristalle eignen sich als Zeitmesser für die Prozesse vor einem Vulkanausbruch. Denn sowohl die Struktur als auch die chemische Zusammensetzung der Kristalle ändert sich, während das flüssige Magma aus einem Reservoir im Erdmantel – in einer Tiefe von etwa 24 Kilometern – durch den Vulkanschlot nach oben steigt. So wechseln beispielsweise Aluminiumionen von einer Zone im Olivin-Kristall in eine benachbarte.

Mit hochauflösenden Mikroskopen schauten sich die Forscher um Mutch diese Diffusionsprozesse in den gefundenen Olivin-Kristallen genauer an. Dazu bestimmten sie die Konzentration von Aluminiumionen in den verschiedenen Proben. Gleichzeitig simulierte das Team den Diffusionsprozess im Computer, wobei sie die im Vulkanschlot herrschenden Temperaturen und Drücke einbezogen. Der Abgleich von Messdaten und Computersimulationen lässt auf eine Aufstiegsgeschwindigkeit des Magmas von zwei bis zehn Zentimetern pro Sekunde schließen, berichten die Wissenschaftler. Folglich benötigte das Magma von der Unterkante der Erdkruste bis zur Oberfläche etwa zehn Tage.

„Wenn man weiß, wie schnell Magma zur Oberfläche gelangt, lassen sich Signale an der Oberfläche vor einem Ausbruch besser interpretieren“, sagt Mutch. Zu diesen Signalen zählen etwa Gase wie Kohlendioxid, die während des Aufstiegs aus dem Magma ausgasen. An der Oberfläche dürften demnach – je nach Tiefe des Vulkanschlots – 24 bis 48 Stunden vor einem Ausbruch erhöhte Konzentrationen an Kohlendioxid auftreten. Ob solche Gasmessungen aber tatsächlich halbwegs zuverlässige Vorhersagen liefern, ist bisher noch unklar. Das erfordere laut Mutch noch weitere Forschungsarbeiten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2019/schnelle-magmastroeme-unter-island/