„Der Yellowstone-Vulkan ist besonders“

Katharina Luckner

Auf dem Bild ist ein Ausschnitt der Grand Prismatic Spring, der größten Thermalquelle des Yellowstone-Nationalparks, zu sehen.

NPS/Jim Peaco

Im Yellowstone-Nationalpark im Westen der USA befindet sich ein Supervulkan, dessen Ursprung bislang noch nicht endgültig geklärt ist. Viele Geophysiker vermuten, dass es sich um einen sogenannten Hotspot-Vulkan handelt. Ein solcher Vulkan entsteht, wenn sich eine riesige Blase aus Material des Erdkerns an der Grenze zwischen Erdmantel und Erdkern bildet und durch den Mantel aufsteigt. Wie sich diese Theorie überprüfen lässt, erklärt Bernhard Steinberger vom GeoForschungsZentrum in Potsdam im Interview mit Welt der Physik.

Porträt des Wissenschaftlers Bernhard Steinberger

Bernhard Steinberger

Welt der Physik: Was für ein Vulkan ist der Yellowstone-Vulkan?

Bernhard Steinberger: Beim Yellowstone-Vulkan handelt es sich um einen sogenannten Intraplattenvulkan. Eigentlich befinden sich die meisten Vulkane an den Rändern von Kontinentalplatten, doch einige wenige liegen mitten in einer Kontinentalplatte. Die Ursachen dafür können verschieden sein, aber wir vermuten, dass es sich bei den meisten Intraplattenvulkanen um sogenannte Hotspots handelt. Die Insel Hawaii ist ein weiteres Beispiel für einen solchen Vulkan.

Was ist ein Hotspot-Vulkan?

Ein Hotspot ist ein heißer Bereich in einer Kontinentalplatte. Ein solcher Vulkan bildet sich, wenn an der Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel eine sehr große Blase aus heißem Material entsteht. Dieser sogenannte Plumekopf steigt dann durch den Erdmantel auf, bleibt aber durch eine Art Schlauch mit dem Erdkern verbunden. Das bezeichnen wir insgesamt als Mantel-Plume. Durch den Schlauch wird der Plumekopf stetig mit neuem heißen Material versorgt. Wenn der Mantel-Plume bis zur Erdoberfläche aufgestiegen ist, führt er zu Aufschmelzungen in der Kontinentalplatte und damit auch zu Vulkanismus.

In welchem Zeitraum bewegt sich ein Mantel-Plume?

Wir sprechen hier von einem Zeitraum von Millionen von Jahren. Der Yellowstone-Plumekopf brauchte vermutlich etwa 90 Millionen Jahre, um von der Grenze zwischen Kern und Mantel aufzusteigen. Während dieser langen Zeit verformt sich auch der Erdmantel, sodass sich der Plumekopf nicht einfach senkrecht nach oben bewegt. Stattdessen ist der Schlauch, der ihn mit dem Kern verbindet, stark gekrümmt. Den Effekt der Mantelströmungen kann man anhand des Yellowstone-Vulkans sehr gut analysieren.

Wie ist denn der Verlauf des Mantel-Plume?

Nach neuesten Erkenntnissen liegt die Quelle des Yellowstone-Vulkans unter Baja California in Mexiko. Der Schlauch zieht sich dann schräg von Südwesten nach Nordosten bis zum Plumekopf unter dem Yellowstone-Nationalpark. Der Yellowstone-Vulkan ist in dieser Hinsicht besonders, denn bei anderen Vulkanen kennen wir den Verlauf des Mantel-Plume nicht so gut. In vielen Fällen sind wir nicht einmal sicher, ob es sich um einen Hotspot-Vulkan mit einem Mantel-Plume handelt.

Modellierungsergebnisse des Mantelströmungsmodels werden schematisch dargestellt.

Verlauf des Mantel-Plumes

Wie wird der Yellowstone-Vulkan untersucht?

Grundsätzlich nutzt man seismische Tomografie, um die Strukturen im Erdmantel zu erforschen. Dafür arbeitet man mit natürlichen sowie künstlich erzeugten Erdbebenwellen. Wenn man den Ursprung dieser Wellen kennt und sie an verschiedenen Messstationen aufzeichnet, lässt sich mit dieser Methode auf die Beschaffenheit des Untergrundes rückschließen. Allerdings ist an vielen Orten die Dichte der Messstationen nicht hoch genug, um gute tomografische Daten zu erhalten. Und selbst bei guten Messstationen hängt die Qualität der Daten stark von der Richtung der Erdbebenwellen ab. Deswegen nutzen wir zusätzlich Modelle, um Vulkane zu untersuchen.

Was sind das für Modelle?

Wir arbeiten mit einem sogenannten Mantelströmungsmodell. Mit diesem Modell simulieren wir den Erdmantel als sehr zähe Flüssigkeit, die sich unter dem Einfluss verschiedener Kräfte bewegt. Unser Modell zeigt, dass sich unter dem Pazifik, in der Nähe von Baja California, das Material des Erdmantels nach oben bewegt. Es muss also auch Material aus dem Kern dorthin fließen. Damit können wir einen Mantel-Plume modellieren und den Verlauf des Schlauchs im Erdmantel vorhersagen. Unser Modell stimmt im Fall des Yellowstone-Vulkans gut mit den tomografischen Daten überein und unterstützt so die Hypothese, dass es sich beim Yellowstone um einen Hotspot-Vulkan handelt.

Lässt sich das Modell auch auf andere Vulkane anwenden?

Wir versuchen auch für andere Hotspot-Vulkane den Verlauf des Mantel-Plume mit unserem Modell vorherzusagen. Allerdings sind die tomografischen Daten anderer Vulkangebiete häufig nicht besonders gut. Mit diesen Daten konnten wir bei anderen Vulkanen bislang nur wenige Übereinstimmungen mit unserem Modell finden. Deswegen entwickeln wir unser Modell kontinuierlich weiter und warten gleichzeitig auf bessere tomografische Daten von Vulkanen, bei denen man einen Mantel-Plume vermutet.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/erdinneres/der-yellowstone-vulkan-ist-besonders/