Was Vulkane zum Ausbruch bringt

Dirk Eidemüller

Foto eines Vulkanausbruchs

Kristinn Ingvarsson, University of Iceland

Trotz aller Fortschritte gestaltet es sich noch immer schwierig, Vulkanausbrüche vorherzusagen. Das liegt daran, dass sich die Regionen der Erde geologisch teils stark unterscheiden und sich die Quelle des Magmas nur aufwändig untersuchen lässt. Zwei Forschungsteams haben nun den Ausbruch des Vulkans Fagradalsfjall in Island untersucht: Einerseits analysierten sie Signale vorangegangener Erdbeben und andererseits die ausgeflossene Lava. Dabei stellten sie fest, dass im Untergrund ein dynamisches Wechselspiel herrscht, bei dem Lava aus unterschiedlicher Tiefe die Eruption speisen kann.

Der Fagradalsfjall befindet sich rund 40 Kilometer von der isländischen Hauptstadt Reykjavík entfernt und ist ein sogenannter Tafelvulkan: Er besitzt eine flache, breite Erhebung im Zentrum, die von steil abfallenden, erodierten Hängen umgeben ist. Von früheren Untersuchungen war bereits bekannt, dass dieser Vulkan durchaus lange – meist um die 800 bis 1000 Jahre – ruht, und anschließend wieder – typischerweise für 200 bis 300 Jahre – aktiv wird. So war er auch nun schon seit rund 800 Jahren nicht mehr ausgebrochen – bis zum 19. März 2021. An jenem Tag öffnete sich in einem Tal im Süden des Fagradalsfjall eine Spalte, aus der über Monate hinweg Lava floss. Nach knapp einem Jahr Pause brach er dann im August 2022 erneut aus.

Dieser vulkanischen Aktivität gingen heftige Bewegungen im Untergrund voraus, die das Forschungsteam um Freysteinn Sigmundsson von der Universität Reykjavik analysierte. So hatte es schon in den vorangegangenen zwei Jahren wiederholt Erdbeben in der Region um den Fagradalsfjall gegeben – in den letzten drei Wochen vor dem Ausbruch waren es sogar über 40 000. Auch die Oberfläche des Vulkans habe sich verformt. Dies deute, so die Forscher, auf ansteigende Ströme des Magmas, also glühend heißen Gesteins, im Erdinnern hin.

In den Tagen direkt vor dem Ausbruch ab Mitte März 2021 haben diese seismischen Aktivitäten jedoch abgenommen. Dies lasse sich nach Ansicht der Wissenschaftler dadurch erklären, dass vor dem Ausbruch Spannungen im Boden aufgrund sich bewegender Erdplatten zunahmen. Dabei füllten sich kilometerlange unterirdische Hohlräume mit Magma. In der Ruhephase vor dem Vulkanausbruch sei dieser Prozess dann weitgehend abgeschlossen gewesen und die Spannungen ließen nach. Dabei stieg das Magma zur Oberfläche auf: Der Vulkan brach aus.

In einer weiteren Studie untersuchte Sæmundur Halldórsson, ebenfalls von der Universität Reykjavík, und seine Kollegen die Lava aus den ersten 50 Tagen des Ausbruchs. Anhand verschiedener Laboranalysen des Lavagesteins stellten sie fest, dass die Lava – wie Magma genannt wird, wenn es an die Erdoberfläche tritt – zu Beginn des Ausbruchs von der Grenze zwischen der unteren Erdkruste und dem Erdmantel kam – aus etwa 15 Kilometer Tiefe. In den darauffolgenden Wochen trat aber Material aus noch größerer Tiefe von teils über 20 Kilometer Tiefe an die Oberfläche. Das Ursprungsgebiet des Magmas, an der Grenze von Erdkruste und Erdmantel sowie darunter, ist also eine sehr dynamische Zone. Dort kann sich Magma aus verschiedenen Tiefen innerhalb von Tagen oder Wochen miteinander vermischen. Diese Ergebnisse geben einen seltenen Einblick, wie sich Vulkanausbrüche in Echtzeit abspielen, inklusive der vorhergehenden Entwicklung im Untergrund und der ablaufenden Magmaströme.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/vulkanismus-was-vulkane-zum-ausbruch-bringt/