Mikroplastik in Wolken

Jan Oliver Löfken

In Wolken verhangenes Gebirge

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Von der Fleecejacke über Kunststoffverpackungen und Reifenabrieb bis zu Kosmetika: Mikroplastik hat viele Quellen. Die winzigen Partikel belasten die Umwelt auf dem gesamten Globus und ließen sich sogar schon in den Schneeproben der Arktis nachweisen. Nun analysierte eine Forschungsgruppe den Anteil an Mikroplastik in Wolken. Tatsächlich fanden sie so beachtliche Mengen, dass ein Einfluss der Partikel auf die Wolkenbildung selbst nicht ausgeschlossen werden könne, so die Forschenden im Fachblatt „Environmental Science & Technology Letters“.

Für ihre Studie wählten Yan Wang und seine Arbeitsgruppe an der Shandong University in Qingdao den Tài Shān – einen 1545 Meter hohen Berg, der als berühmtester der fünf heiligen Berge des Daoismus gilt. Dort fingen sie mit einer speziellen Apparatur die Feuchtigkeit der Wolken ein: An zahlreichen Teflonfäden kondensierte die Feuchtigkeit aus den Wolken und floss am Faden herunter – das Wasser konnten die Forschenden sammeln und im Labor analysieren. Solche Taufänger werden sonst in Gebieten mit mangelndem Niederschlag genutzt, um Trinkwasser aus morgendlichen Tauschwaden zu gewinnen.

Ein Plastikpartikel alle fünf Kubikmeter Wolken

Das Ergebnis: Insgesamt enthielten 24 der 28 gesammelten Proben Mikroplastik; Jeder Liter des Kondensats enthielt im Durchschnitt 463 Plastikpartikel. Das entspricht einem Teilchen Mikroplastik auf etwa fünf Kubikmeter feuchter Luft. Die Partikel bestanden aus einer Vielzahl verschiedener Kunststoffe wie Polyethylenterephthalat, Polypropylen, Polyethylen, Polystyrol und Polyamid – bekannter unter den Abkürzungen PET, PP, PE und PS. Die meisten von ihnen waren nicht größer als 100 Mikrometer und konnten dadurch leicht weite Strecken durch die Atmosphäre zurücklegen. Mit Wettermodellen rekonstruierten die Forschenden den Ursprung dieser Luftverschmutzung: Die vorherrschenden Winde trieben das meiste Mikroplastik über mehrere Tage aus dicht besiedelten Regionen im Süden Chinas bis zum Tài Shān.

Doch das war noch nicht alles: In weiteren Analysen entdeckten Wang und sein Team, dass viele Plastikpartikel unter dem Einfluss von UV-Strahlung in den Wolken so verwittert waren, dass sie eine raue Oberfläche hatten. In Laborversuchen mit diesen Partikeln entdeckten sie, dass sich besonders an den Oberflächen von kleineren Plastikteilchen leicht Umweltgifte wie Blei oder Quecksilber anlagern konnten. Zudem sei es nach Aussage der Forschenden wahrscheinlich, dass Mikroplastikteilchen in der Atmosphäre als Kondensationskeime für Tropfen dienen – also direkt die Bildung von Wolken und Niederschlag unterstützen. Damit könnten sie einen Einfluss auf Wettervorhersagen und sogar Klimamodelle haben. Doch diese Wechselwirkung gilt es noch in weiteren Studien zu bestätigen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/klimaforschung-mikroplastik-in-wolken/