Anzahl der Wirbelstürme ging zurück

Jan Oliver Löfken

Ein Wirbelsturm auf der Erde vom Weltall aus fotografiert

NASA/Goddard

Hurrikan, Taifun oder Zyklon – je nach Meeresregion tragen tropische Wirbelstürme andere Namen. Doch überall verursachen sie massive Schäden, sobald sie vom Meer auf bewohnte Küstengebiete treffen. Wie sich die Anzahl und die Stärke der gewaltigen Stürme in Zeiten des Klimawandels verändern, wird unter Klimaforschern nach wie vor intensiv und teils kontrovers diskutiert. Nun ermittelte eine Arbeitsgruppe, dass zumindest die Anzahl der Wirbelstürme im Lauf des 20. Jahrhunderts abgenommen hat. In der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlichten sie ihre Analyse, die sowohl auf Satellitendaten als auch für die Zeit ab 1850 auf aufwendigen Simulationen beruht.

Seit den 1970er-Jahren werden tropische Wirbelstürme mit Satelliten für die Erdbeobachtung immer genauer aufgezeichnet und analysiert. Doch für die Jahrzehnte davor bis hin zu vorindustriellen Zeiträumen ab 1850 liegen solche Daten nicht vor. Daher griffen Savin S. Chand von der Federation University Australia und seine Kollegen für diese Zeitspanne auf ältere verfügbare Daten wie Meerestemperaturen und Wetterbeobachtungen zurück. Mit komplexen Simulationen konnten sie aus diesen Datensätzen auf die wahrscheinliche Anzahl von Wirbelstürmen über dem Pazifik, dem Atlantik und dem Indischen Ozean zurückschließen.

Ihre Analyse zeigte einen klaren, wenn auch überraschenden Trend für die Anzahl der Wirbelstürme: So nahm sie im Lauf des gesamten 20. Jahrhunderts und bis zum Jahr 2012 im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zwischen 1850 und 1900 um etwa 13 Prozent ab. Dieser Abwärtstrend war für die Jahrzehnte ab 1950 sogar mit einem Rückgang von 23 Prozent noch deutlicher ausgeprägt. Für diese Entwicklung machen die Forscher die veränderten Bedingungen in der untersten Schicht der Erdatmosphäre – der sogenannten Troposphäre – verantwortlich: Durch die Erderwärmung schwächten sich großräumige Zirkulationssysteme wie die Hadley- oder Walker-Zirkulation in tropischen Regionen um den Äquator ab. Damit verringerten sich auch Ströme in den Tropenregionen, die feuchte und warme Luft von der Meeresoberfläche nach oben transportieren, sowie die Luftfeuchtigkeit in der mittleren Troposphäre – beides sind Voraussetzungen für die Bildung von Wirbelstürmen.

Diese umfassende Untersuchung legt nahe, dass die Anzahl tropischer Wirbelstürme im Zuge der Erderwärmung auf mittlerweile knapp mehr als ein Grad tatsächlich abgenommen hat und auch noch weiter abnehmen könnte. Allerdings ist dies kein Zeichen für eine Entwarnung. Denn parallel zeigen die vergangenen Jahrzehnte, dass der Anteil stärkerer Wirbelstürme zunimmt. Zudem verlagern sich die Stürme in Richtung der Erdpole und treffen auf Küsten, die immer weiter vom Äquator entfernt sind. Dort sind die Städte und die Bewohner jedoch schlechter auf diese Extremwetterereignisse vorbereitet, so dass Wirbelstürme trotz einer Abnahme ihrer Anzahl durchaus immer stärkere Schäden verursachen könnten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/klimawandel-anzahl-der-wirbelstuerme-ging-zurueck/