Simulierter Sonnenwind

Jan Oliver Löfken

In dieser Plasmakammer simulieren Physiker die Entstehung von Sonnenwinden.

Jeff Miller/UW-Madison

Von der Sonne geht ein kontinuierlicher Partikelstrom aus – der Sonnenwind: Vor allem Protonen und Elektronen schießen mit Geschwindigkeiten von einigen Hundert Kilometern pro Sekunde ins All. Treffen diese geladenen Teilchen auf die Erde, rufen sie Polarlichter hervor und können den Funkkontakt zu Satelliten empfindlich stören. Physiker haben nun im Labor erfolgreich simuliert, wie der Sonnenwind mit dem Magnetfeld der Sonne interagiert. Mit diesem Ansatz lassen sich neue Einblicke in die fundamentale Physik der Sonnenwinde gewinnen, so das Team in der Fachzeitschrift „Nature Physics“.

Ethan Peterson von der University of Wisconsin-Madison in den USA und seine Kollegen nutzten für ihre Experimente eine kugelförmige Plasmakammer mit einem Durchmesser von etwa drei Metern. In diese Kammer ließ das Team eine kleine Menge an Heliumgas strömen und ionisierte es mit elektrischen Spannungen von bis zu 400 Volt. Anschließend versetzten die Forscher das so erzeugte Plasma aus geladenen Teilchen in Rotation. Dazu bauten sie mithilfe eines Magneten in der Mitte der Kammer ein starkes Magnetfeld auf und erzeugten mit Starkstrom zudem ein starkes elektrisches Feld. Auf diese Weise gelang es, das rotierende Plasma und die elektromagnetischen Felder der Sonne im Labor nachzustellen.

Illustration der Parkerspirale

Parkerspirale

Peterson und seine Kollegen variierten nun die Stärke des elektrischen und magnetischen Feldes und imitierten so verschiedene Phänomene, wie etwa die sogenannte Parkerspirale: Diese gigantische spiralförmige Struktur soll sich über das gesamte Sonnensystem erstrecken und beschreibt die Orte, an denen sich die Polarität des solaren Magnetfeldes umkehrt. Der Sonnenwind und das rotierende Magnetfeld der Sonne beeinflussen die exakte Form der nach dem amerikanischen Astrophysiker Eugene Newman Parker benannten Spirale. „Unsere Experimente bestätigen Parkers Theorie, wie die Spirale durch die Plasmaströme erzeugt wird“, sagt Peterson.

In weiteren Versuchen konnten die Physiker auch kleine, periodisch auftretende Plasmaausbrüche beobachten: Wenn das Plasma in der Kammer schnell genug rotierte und nicht mehr vom wirkenden Magnetfeld eingefangen wurde, lösten sich Teile des ionisierten Gases ab und wurden nach außen geschleudert. Solche Plasmaausbrüche gelten als zentrale Ursache für langsame Sonnenwinde, die noch nicht vollständig verstanden sind. „Diese Ausbrüche wurden auch von Satelliten beobachtet, doch niemand weiß, was sie antreibt“, so Peterson.

Schon mit den bisher durchgeführten Experimenten beweisen die Forscher, dass sich wesentliche Prozesse des Sonnenwinds im Labor nachstellen lassen. In weiteren Versuchen möchte das Team um Peterson das derzeit genutzte Heliumplasma weiter optimieren, um dem natürlichen Plasma der Sonne näher zu kommen. Diese Experimente könnten dann weitere Details zur Entstehung und Ausbreitung der Sonnenwinde liefern. Weitere Einblicke erwarten Sonnenforscher von der Raumsonde Parker Solar Probe, die 2018 startete und etwa zu Weihnachten 2024 ihren sonnennächsten Punkt erreichen soll.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/simulierter-sonnenwind/