Klimatisierte Kleidung

Jan Oliver Löfken

Mann mit Rucksack in einer menschenleeren Schneelandschaft

Damerau/iStock

Der Mensch fühlt sich bei Temperaturen zwischen 22 und 28 Grad Celsius wohl in seiner Haut. Dieses Ziel erreichen wir mit luftigen T-Shirts im Sommer und warmen Pullovern im Winter. Nun entwickelte ein Forschungsteam einen Klimaanzug, der den Körper bei Kälte wärmt und ihn bei Hitze abkühlt. Möglich wird dies durch spezielle Module aus flexiblen Solarzellen und Kunststofffolien, die je nach Umgebung kühlen oder wärmen. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, ließen sich diese Module für Weltraumanzüge oder für Funktionskleidung auf eisigen Expeditionen nutzen.

Als Grundlage für eine derartige Hightech-Kleidung fertigten Yongsheng Chen von der Nankai-Universität im chinesischen Tianjin und sein Team biegsame Module in Notizzettelgröße. Die Oberseite bestand aus einer Solarzelle aus Perowskit mit einem Wirkungsgrad von knapp 13 Prozent. Das genügte, um für die aktiven Schichten darunter genügend Strom zu liefern. Diese bestanden aus einem teilweise kristallinen Kunststoff, der sich erwärmt, wenn eine elektrische Spannung anliegt. Wird die Spannung abgeschaltet, kühlt er sich wieder ab. Verantwortlich für diesen sogenannten elektrokalorischen Effekt sind wahrscheinlich Änderungen der Kristallstruktur in dem Kunststoff.

Abkühlen oder wärmen – mit dem gleichen Kleidungsstück

Im Betrieb durchläuft das Modul einen etwa sekündlich wiederkehrenden Kreislauf. Darin schaltet sich die Spannung an dem Kunststoff abwechselnd ein und aus, sodass er sich entsprechend erhitzt beziehungsweise abkühlt. Indem er sich parallel dazu der Haut annähert beziehungsweise entfernt, kann das Modul so den Körper wärmen oder Wärme nach außen abführen und ihn so abkühlen.

Insgesamt ließ sich dadurch die Haut etwa um zehn Grad Celsius kühlen und um gut drei Grad Celsius erwärmen. So vergrößerte sich der Wohlfühlbereich um beachtliche 19 Grad Celsius: In dem Kleidungsstück wäre es dann bei Außentemperaturen zwischen 12,5 und 37,6 Grad Celsius angenehm. Kein anderes System für funktionelle Kleidung deckt bisher einen so großen Temperaturbereich ab. Damit das System auch rund um die Uhr funktioniert, speichert ein Lithium-Ionen-Akku tagsüber den Stromüberschuss. Dieser ließe sich ebenfalls in ein solches Kleidungsstück integrieren.

Auf der Basis der ersten Prototypen könnten nun Klimaanzüge mit mehreren eingelagerten Modulen folgen. Die Arbeitsgruppe um Yongsheng Chen hält einen Einsatz in Weltraumanzügen für sinnvoll. Denn im All wechseln sich wärmere Sonnenphasen schnell mit kalten Dunkelphasen ab. Auch für Expeditionen in extremer Umgebung – etwa in der Antarktis – könnten sich solche Klimaanzüge eignen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2023/smarte-materialien-klimatisierte-kleidung/