Elektronik in der Strickmütze

Jan Oliver Löfken

Rückansicht einer Person mit Mütze an einer grünen Ampel

South_agency/iStock

Armbänder messen den Herzschlag, Fasern erzeugen Strom: Viele Forschungsgruppen arbeiten an Elektronik, die sich mehr oder weniger elegant in Stoffe und damit in Kleidung integrieren lässt. Doch direkt in eine Faser eingelagerte Halbleiter sind bisher oft zu brüchig und instabil. Nun hat ein Forschungsteam eine Lösung für dieses Problem gefunden: Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, gelang den Forschenden die Produktion von defektfreien Fasern aus den Halbleitern Silizium oder Germanium. In eine Mütze und ein Armband integriert, konnten diese Fasern Licht messen und es in elektronische Signale umwandeln.

Zhixun Wang von der Nanyang Technological University in Singapur und sein Team fertigten die stabilen optoelektronischen Fasern in mehreren Schritten. Zuerst umhüllten sie einen Kern aus Silizium mit einem gläsernen Mantel aus Silikatglas. Diesen Rohling heizten sie auf bis zu 1200 Grad Celsius auf. Aus der nun zähflüssigen Substanz konnten sie extrem feine, nur rund 50 Mikrometer dicke Siliziumfasern ziehen. Dabei schützte das Glas die Siliziumfaser vor Schäden – und ließ sich zum Abschluss mit ätzender Flusssäure entfernen. Denselben Prozess führten die Forschenden auch mit Fasern aus dem Halbleiter Germanium in einem Glasmantel aus Aluminiumsilikat durch.

Spule mit schwarzem Faden vor einem dunklen Hintergrund

Optoelektronische Fasern

Die fertigen, flexiblen Halbleiterfasern verbanden die Forschenden danach mit je zwei filigranen Metalldrähten und umhüllten sie mit einem Kunststoffmantel aus Polycarbonat. Wieder heizten sie diese Struktur bis zur Zähflüssigkeit auf und zogen abermals dünne Fasern, in der nun sowohl die Halbleiter als auch die beiden Metalldrähte enthalten waren. Nachdem diese optoelektronischen Fasern abgekühlt waren, ließen sie sich mehrere hundert Meter lang ohne jede Beschädigung aufrollen.

Elektrische Pulse aus Lichtsignalen

In ersten Messungen stellten Zhixun Wang und seine Kolleginnen und Kollegen fest, dass ihre Fasern einfallendes Laserlicht in elektrische Strompulse umwandeln konnten. Um zu zeigen, was solche Fasern in der Praxis leisten können, wob das Team sie in eine Mütze und ein flexibles Armband. Die Mütze konnte Farbwechsel einer Ampel von rot auf grün erkennen: Die Faser wandelte das optische Signal der Farbe in elektrische Pulse um; die Drähte leiteten den Impuls zu elektronischen Bauteilen, die sie verarbeiteten. Im Armband konnten die Fasern über Änderungen in einem reflektierten Lichtsignal, die auf der pulsierenden Bewegung einer Blutbahn beruhten, die Herzfrequenz messen.

Damit zeigten die Forschenden: Es ist möglich, optoelektronische Fasern von hoher Qualität zu produzieren, die zugleich stabil und flexibel sind – und die als empfindliche Lichtsensoren viele nützliche Anwendungsmöglichkeiten haben. In Zukunft könnte es gelingen, auch komplexere elektronische Module wie beispielsweise Transistoren in die Halbleiterfasern zu integrieren. Damit würden leichte, widerstandsfähige elektronische Textilien nicht nur als Lichtsensor, sondern auch mit vielen weiteren Funktionen möglich.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/smarte-kleidung-elektronik-in-der-strickmuetze/