Leuchtendes Gummi

Jan Oliver Löfken

Robotergreifer aus leuchtendem Gummi

Tee et al./NUS

In vielen Smartphones sorgen organische Leuchtdioden für eine helle Hintergrundbeleuchtung. Allerdings sind diese Leuchtflächen nicht flexibel. Spezielle lichtaktive Gummimaterialien können dagegen leicht gebogen und bis auf ein Vielfaches ihrer Länge gedehnt werden. Allerdings benötigen die darin verbauten lichtemittierenden Kondensatoren bisher sehr hohe elektrische Spannungen. In der Fachzeitschrift „Nature Materials“ stellen Wissenschaftler nun neue Prototypen für solche Bauelemente vor, die bereits ab 23 Volt bläulich-weißes Licht aussenden – und in denen sich kleine Risse von selbst wieder verschließen.

Benjamin Tee von der National University of Singapore und seine Kollegen verwendeten als Basis eine etwa einen Millimeter dünne Schicht aus einem flexiblen Kunststoff. Diesem gummiartigen Material fügten sie verschiedene Leuchtstoffe hinzu, die sich gleichmäßig in dem Werkstoff verteilten. Anschließend umhüllten die Forscher die lichtaktive Schicht beidseitig mit durchsichtigen und elektrisch leitfähigen Materialien – diese dienten als Elektroden. Sobald das Team eine gepulste elektrische Spannung an die Leuchtgummis anlegte, emittierten sie Licht im sichtbaren Spektralbereich.

Prototyp eines leuchtenden Gummimaterials

Prototyp des leuchtenden Gummis

In den Experimenten ließ sich bereits ab einer Spannung von 23 Volt ein schwaches Leuchten über die gesamte Fläche erzeugen. Dabei musste die Spannung etwa fünfzigmal pro Sekunde an- und ausgeschaltet werden. Mit 200 Volt erreichten die Leuchtgummis eine Leuchtdichte von 270 Candela pro Quadratmeter – dieser Wert entspricht in etwa der Leuchtdichte organischer Leuchtdioden. Mit Spannungen von 3750 Volt und einer Schaltfrequenz von 800 Hertz strahlte das leuchtende Gummi sogar mit 1460 Candela pro Quadratmeter – vergleichbar mit der Leuchtdichte eines mit Wolken bedeckten Himmels. „Wir konnten die bisher größte Helligkeit für solche flexiblen Lichtquellen erreichen“, kommentiert Tee.

Gleichzeitig lassen sich die neuen Leuchtgummis leicht biegen und bis auf die zehnfache Länge dehnen. Sollten beim Verformen kleine Risse auftreten, schließen sich diese völlig selbstständig, wenn man das Gummi auf etwa 50 Grad Celsius erwärmt. Die Forscher um Tee machen eine besondere Eigenschaft des Werkstoffs für diese Selbstheilungskräfte verantwortlich: Bereits bei minus 25 Grad Celsius wechselt der Kunststoff von einem festen in einen zähflüssigen Zustand. Dadurch füllen die nun beweglichen Moleküle eventuelle Risse im Material wieder auf. Je wärmer das Material ist, desto schneller vollzieht sich dieser Prozess.

Um ein mögliches Anwendungsfeld für die leuchtenden Gummis zu demonstrieren, stellten die Forscher einen flexiblen Robotergreifer aus dem Material her. Aber auch in funktioneller elektronischer Kleidung – sogenannten Wearables – könnten die dehnbaren und widerstandsfähigen Leuchtflächen zum Einsatz kommen. „Unsere Arbeit zeigt einen großen Schritt bei der Entwicklung von dehnbaren, tragbaren und selbstreparierenden Leuchtquellen“, ist Tee überzeugt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/leuchtendes-gummi/