Aerogel als Superisolator

Jan Oliver Löfken

Aerogele sind ein Hauch von Nichts. Die porösen Materialien bestehen aus extrem dünnen Metall- oder Keramikschichten und Luft – oftmals mit einem Anteil von mehr als 99 Prozent. Besonders keramische Aerogele eignen sich gut als Schutzschichten gegen Hitze, zerbrechen allerdings leicht bei starken Temperaturschwankungen. Dieses Problem lösten Materialforscher nun mit einem neuen Aerogel aus Bornitrid und Luft. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, hielt das Aerogel dank seiner inneren Struktur schnellen Temperaturwechseln von mehr als tausend Grad Celsius mühelos stand.

Das Bild zeigt eine Blüte auf der eine zylinderförmige Probe des Aerogels liegt.

Aerogel

Zunächst bauten Xiangfeng Duan von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen ein symmetrisches Gerüst aus atomar dünnen Kohlenstoffschichten – sogenanntem Graphen. Auf diesen zweidimensionalen Schichten ließen sie kristalline Lagen aus Bornitrid wachsen. Danach wurde das Graphen bei etwa 600 Grad Celsius in einem sogenannten Pyrolyseprozess abgetrennt. Zurück blieb das Aerogel aus Bornitrid mit der gewünschten symmetrischen Struktur. Dank dieser Metastruktur verhielt sich das Aerogel ganz anders als natürliche Werkstoffe: Bei zunehmender Erwärmung dehnte es sich nicht aus, sondern zog sich zusammen. Streckten die Wissenschaftler das Material mechanisch, wurde es in der Mitte nicht dünner, sondern dicker.

In weiteren Versuchen erhitzten Duan und seine Kollegen das Aerogel in kurzer Zeit auf bis zu 1500 Grad Celsius. Daraufhin kühlten sie es binnen weniger Sekunden auf bis zu minus 198 Grad Celsius ab. Klassische Keramiken würden bei diesen extremen Temperaturschwankungen zerbröseln – die Struktur des Aerogels blieb jedoch völlig intakt. Nachdem die Forscher das luftige Material mit einer Presse auf einen Bruchteil seiner Größe zusammendrückten, dehnte es sich ohne Druck wieder bis zur ursprünglichen Form aus. Bemerkenswert war auch die geringe Dichte des Aerogels: Eine Probe von der Größe eines Spielwürfels brachte gerade mal ein tausendstel Gramm auf die Waage.

„Unser Aerogel zeigt sowohl eine herausragende mechanische als auch thermische Stabilität für Superisolatoren unter extremen Bedingungen“, sagt Duan. Dank der besonderen Eigenschaften könnten solche keramischen Aerogele für Hitzeschutzkacheln etwa von Raumtransportern taugen, die aufgrund der Luftreibung beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre extremen Temperaturen standhalten müssen. Als extrem leichter und sehr poröser Werkstoff ließen sich Aerogele möglicherweise auch in Katalysatoren oder Elektroden für Batterien anwenden. „Derzeit arbeiten wir außerdem an extrem leichten Aerogelen, die sogar noch robuster, flexibler und hitzebeständiger werden könnten“, so Duan. Doch da das Aerogel alles andere als einfach herzustellen ist, muss für eine Massenproduktion zunächst ein geeignetes Verfahren entwickelt werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/aerogel-als-superisolator/