Warum Pflanzen grün sind

Jan Oliver Löfken

Wassertropfen auf dem Blatt einer Pflanze

Gabor Lab/UC Riverside

Pflanzen absorbieren Sonnenlicht, um aus Wasser und Kohlendioxid energiereiche Kohlenhydrate herzustellen. Um die dafür nötigen biochemischen Prozesse möglichst gleichmäßig ablaufen zu lassen, wandeln die Blätter nicht alle eingestrahlten Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums in Energie um. Wie den Pflanzen das gelingt, analysierten nun sowohl Physiker als auch Botaniker um Nathaniel Gabor von der University of California in Riverside. In der Fachzeitschrift „Science“ präsentiert das Team ein verblüffend einfaches Modell für die Photosynthese, das sowohl für grüne Pflanzen als auch für Sonnenlicht absorbierende Algen und Bakterien gilt.

„Unser Modell liefert eine Erklärung dafür, warum Pflanzen grün sind“, erläutert Gabor. Denn auf den ersten Blick verwundert es, dass Pflanzen gerade grünes Sonnenlicht reflektieren und nicht zur Photosynthese nutzen, obwohl dieser Teil des Sonnenspektrums besonders viel Energie bereitstellt. Ein Grund liegt im Selbstschutz der Pflanzen: Zwischen wolkenfreiem und bedecktem Himmel schwankt die Intensität des Sonnenlichts stark und damit die verfügbare Energiemenge. Diese Fluktuationen können die Pflanzenzellen eines Blattes schädigen. Die Wissenschaftler um Gabor versuchten nun mithilfe eines vereinfachten Modellsystems, diese Fähigkeit zu reproduzieren.

In den Blättern von grünen Pflanzen befindet sich das Pigment Chlorophyll, das Sonnenlicht absorbiert. Um möglichst viel Lichtenergie umzuwandeln, sind die Chlorophyllmoleküle in sogenannten Lichtsammelkomplexen angeordnet. Nahezu jedes von der Sonne eintreffende Lichtteilchen setzt in diesen Zusammenschlüssen nun jeweils ein Elektron frei, das die nachfolgenden biochemischen Prozesse antreibt. So erreicht die natürliche Photosynthese eine Effizienz von fast hundert Prozent – auch unter ständig wechselnden Lichtverhältnissen. Gabor und seine Kollegen spielten mit ihren Modellen verschiedene Netzwerke aus Pigmenten nach und simulierten die Bedingungen unter voller Sonne, im Halbschatten und unter Wasser. Dabei stellten sie fest, dass die Lichtsammelkomplexe lediglich zwei unterschiedliche Pigmente – die jeweils andere Wellenlängen des Sonnenlichts absorbieren – enthalten müssen, um schwankende Lichtintensitäten erfolgreich auszugleichen. Dieses grundlegende Prinzip ließ sich auch auf photoaktive Bakterien übertragen.

Die aktuelle Studie helfe nicht nur dabei, die Details der natürlichen Photosynthese besser zu verstehen. Die Forscher können sich auch technische Anwendungen vorstellen. „Wenn man nur einen bestimmten Teil des gesamten Sonnenspektrums nutzt, minimiert das Schwankungen in der bereitgestellten Energie. Dieses Wissen ließe sich auch zur Leistungssteigerung von Solarzellen einsetzen“, so Gabor.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2020/warum-pflanzen-gruen-sind/