Wasservorkommen im Erdmantel

Jan Oliver Löfken

Hell glänzender Diamant auf einem dunklen Stein

Luen Wantisud/iStock

Auf der Erde finden sich große Wassermengen nicht nur an der Oberfläche und in den Ozeanen. Auch im Erdmantel, in hunderten Kilometern Tiefe, vermuten Geologen insgesamt so viel Wasser wie in allen Ozeanen zusammen. Dies nachzuweisen, ist jedoch schwierig. Helfen können hier Diamanten, die aus diesen Tiefen im Laufe der Erdgeschichte in oberflächennahe Minen gelangten und den Geologen ein einzigartiges Fenster in die Tiefe der Erde öffnen. So berichtet eine Forschergruppe nun in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ von einer speziellen Mineralmischung in einem Diamanten, die neue Erkenntnisse über den Wasserhaushalt im Erdmantel liefert.

Der nur 1,5 Karat, also 0,3 Gramm, schwere Diamant, den die Forscher um Fabrizio Nestola von der Universität Padua in Italien untersuchten, stammt aus der Karowe Mine in Botsuana. Vulkanische Prozesse, wenn etwa flüssiges Magma durch tiefreichende Schlote aufsteigt, hatten den Diamanten über Jahrmillionen von der Grenze zwischen dem oberen und unteren Erdmantel bis zur Erdkruste transportiert. Mit mehreren physikalischen Methoden – wie etwa der Ramanspektroskopie und der Streuung von Röntgenstrahlen – analysierten die Forscher, woraus sich die Einschlüsse im Diamanten zusammensetzen. Dabei entdeckten sie eine vielfältige Mischung besonderer Minerale in dessen Innern: Magnesiumsilikat, Bridgmanit oder auch das seltene Ringwoodit, ein Magnesiumsilikat mit zusätzlichen Eisenanteilen.

Handfläche, auf der ein Diamant liegt

Diamant mit eingeschlossenen Mineralen

Anhand dieser Ergebnisse schlossen Nestola und seine Kollegen auf die geologischen Bedingungen an dem Entstehungsort des Diamanten zurück: Denn eine solche Kombination entsteht meist in einer wasserreichen Umgebung. So liefert diese Analyse einen überzeugenden Hinweis, dass in der Mantelübergangszone zwischen dem oberen und unteren Erdmantel – 660 Kilometer unter der Erdoberfläche – tatsächlich große Wasservorkommen vorliegen sollten.

Bereits vor vier Jahren hatten Geologen von der University of Nevada in Las Vegas ebenfalls Hinweise auf Wasser im Erdmantel gefunden. Auch sie hatten die Einschlüsse von Diamanten mit Röntgenstrahlen untersucht und dabei eine spezielle Eisvariante – sogenanntes Eis-VII – mit einer unter hohem Druck stabilen kubischen Kristallstruktur gefunden. Dieses Wasser war vermutlich durch das Abtauchen der ozeanischen unter die kontinentale Erdkruste in den Erdmantel und schließlich in die Diamanten gelangt.

Mit der neuen Studie mehren sich also die Hinweise auf weit verbreitete Wasservorkommen im Erdmantel. Belegte der frühere Nachweis von Eis-VII zumindest an einer Stelle Wasservorkommen, legt die nun identifizierte Mineralienmischung nahe, dass Wasser über weiter ausgedehnte Zonen im Erdmantel vorkommt. Mit diesem Wissen können Geologen nun das Fließverhalten heißer Gesteine und die Entstehung von Magma besser verstehen. Damit lassen sich geologische Prozesse in der Erde, vor allem der Vulkanismus, genauer beschreiben als bisher.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/geologie-diamanten-wasservorkommen-im-erdmantel/