Die Folgen eines schwachen Erdmagnetfelds

Jan Oliver Löfken

Rötliche Malereien auf einer Felswand

Paul Pettitt/Gobierno de Cantabria

Das Erdmagnetfeld schützt die Erdoberfläche sicher vor der kosmischen Strahlung – dem permanenten Strom geladener Teilchen ausgehend von der Sonne. Ohne diesen Schutz würde nicht nur die Satellitenkommunikation auf der Erde ausfallen. Im Extremfall würden auch Computer und die globale Stromversorgung nicht mehr funktionieren. Darüber hinaus wirkt sich ein schwaches Magnetfeld auch erheblich auf die Umwelt aus und könnte sogar zu einem Artensterben führen. Das zeigt eine neue Analyse der letzten Umpolung des Erdmagnetfelds vor etwa 41 000 Jahren, von der Forscher nun in der Fachzeitschrift „Science“ berichten.

Bisher wussten Chris Turney von der University of New South Wales in Sydney und seine Kollegen, dass während des sogenannten Laschamp-Ereignisses vor etwa 41 000 Jahren die Magnetfeldstärke auf nur ein Zwanzigstel des heutigen Werts sank. Die magnetischen Pole wanderten über etwa 250 Jahre hinweg quer über den Äquator auf die andere Erdhalbkugel. Etwa 440 Jahre blieb das deutlich schwächere Magnetfeld umgedreht bis es wieder in seine ursprüngliche Position zurückkippte. Dadurch gelangen mehr geladene Teilchen auf die Erdoberfläche, wodurch sich die Konzentration des Kohlenstoffisotops 14C signifikant änderte. Das Isotop entsteht zunächst in der Erdatmosphäre und wird später von allen Lebewesen auf der Erde aufgenommen. Eigentlich lässt sich deswegen mithilfe der sogenannten Radiokarbonmethode auf Basis der 14C-Konzentration das Alter von archäologischen Funden bestimmen, doch die Datierung mit dieser Methode wurde durch das Umpolen ungenauer.

Turney und seinen Kollegen gelang es nun, die „C-14-Uhr“ zu korrigieren. Zunächst analysierten sie dafür die Konzentration des Kohlenstoffisotops entlang der Jahresringe in den Resten uralter, in Sümpfen Neuseelands konservierter Kauri-Bäume. Dadurch wussten sie genau, wie die erhöhte kosmische Strahlung auf der Erde die Datierung mit der C-14-Methode verfälscht hatte. Auf Basis dieser Analyse datierten sie auch weitere Sedimentproben, Eisbohrkerne und prähistorische Funde wieder exakt. Das ermöglichte es den Forschern, mehrere markante Veränderungen des Klimas sowie der Flora und Fauna auf das Laschamp-Ereignis zurückzuführen. „Mit dieser Studie können wir zum ersten Mal genau datieren, was während der letzten Umpolung des Erdmagnetfelds passierte“, so Turney.

Konkret verursachte die erhöhte kosmische Strahlung vor 41 000 Jahren einen signifikanten Schwund der schützenden Ozonschicht in der Stratosphäre. Mehr schädliches UV-Licht erreichte die Erdoberfläche und ließ den Anteil an Stickoxiden in der Luft steigen. Das fiel sowohl mit dem Aussterben des Neandertalers als auch mit einer zunehmenden Höhlennutzung – belegt durch die damals einsetzende Höhlenmalerei – der Frühmenschen zusammen. Außerdem finden sich häufig rötliche Handabdrücke an den Wänden. Die dafür genutzte Farbe haben unsere Vorfahren möglicherweise auch als Sonnenschutz gegen die intensivere UV-Strahlung genutzt, vermuten Turney und seine Kollegen.

In Australien ereigneten sich zudem längere Trockenperioden und stärkere Buschbrände ein – verursacht durch Blitzeinschläge der häufiger auftretenden Gewitter. Damit verloren große Säugetiere wie Mammuts, Wollnashörner oder Säbelzahnkatzen ihren Lebensraum und starben aus. Auch die Verschiebung von vorherrschenden Windsystemen im südlichen Pazifik, die klimatische Veränderungen in Südamerika und Neuseeland zur Folge hatte, ordneten die Forscher mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Laschamp-Ereignis zu.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2021/die-folgen-eines-schwachen-erdmagnetfelds/