„Die Monsunregenfälle über Ostasien werden intensiver“

Denise Müller-Dum

Das Bild zeigt Reisfelder, Hügel und Regenwolken.

Alberto Sánchez cerrato/iStock

Der Ozean ist für das regionale und globale Klima von großer Bedeutung. So steuert das sogenannte Indopazifische Wärmebecken beispielsweise den ostasiatischen Monsun. Durch die Kombination von Untersuchungen an kalkhaltigen Organismen und Modellsimulationen konnten Forscher herausfinden, dass eine Erwärmung dieser Meeresregion in der prähistorischen Vergangenheit zu intensiveren Regenfällen über China geführt hat. Mahyar Mohtadi erklärt im Interview mit Welt der Physik, welche Mechanismen dafür verantwortlich sind, und welche Lehren man daraus für die Zukunft ziehen kann.

Welt der Physik: Was ist das Indopazifische Wärmebecken?

Porträt des Wissenschaftlers Mahyar Mohtadi

Mahyar Mohtadi

Mahyar Mohtadi: Das Indopazifische Wärmebecken ist ein zusammenhängender Bereich im Ozean mit der weltweit höchsten Wassertemperatur. Es erstreckt sich vom westlichen Pazifik bis zum östlichen Indischen Ozean und reicht hinunter bis Nordaustralien. Im Jahresmittel beträgt die Temperatur der Wasseroberfläche dort über 28 Grad Celsius. Das gibt es zwar an einzelnen Stellen im Atlantik auch, aber nicht in so einer großen Ausdehnung.

Wie beeinflusst das Indopazifische Wärmebecken das Klima?

Weil das Wasser sehr warm ist, verdampft es an der Oberfläche. Es entstehen dadurch viel Feuchtigkeit und latente Wärme – also Energie, die im Wasserdampf gespeichert ist. Das Zusammenspiel beider Faktoren verursacht intensive Regenfälle in der Region. Dies äußert sich beispielsweise im Monsun, der durch die Temperaturunterschiede zwischen Land und Meer entsteht. Doch auch global ist die Region von großer Bedeutung. Denn die warme und feuchte Luft kann sehr hoch aufsteigen und weit transportiert werden. Damit treibt sie globale Atmosphärenströmungen an.

Welche Parameter haben Sie in Ihrer Studie in den Blick genommen?

Wir haben uns nicht nur die Oberflächentemperatur des Meeres angeschaut, sondern zusätzlich die Temperatur in etwa 200 Metern Tiefe. Dort ist die sogenannte Sprungschicht, in der die Temperatur stark abfällt. Indem wir sowohl die Oberfläche als auch die obere Sprungschicht anschauen, bekommen wir eine gute Vorstellung vom Wärmeinhalt der oberen Wasserschicht. Denn Beobachtungen haben gezeigt, dass sich das Klimageschehen durch den Wärmeinhalt besser vorhersagen lässt als nur durch die Oberflächentemperatur.

Ein rot gefärbter Bereich im Ozean zeigt höhere Temperaturen an, bei dem sich ein Wolkenwirbel aufbaut; von dem ausgehend bewegt sich ein Monsunregen Richtung Festland und regnet sich dort ab

Indopazifisches Wärmebecken

In Ihrer Studie haben Sie untersucht, wie sich der Wärmeinhalt des Indopazifischen Wärmebeckens in der Vergangenheit verändert hat. Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Wir brauchten dazu einen Indikator für die Temperatur des Wassers an der Oberfläche und einen für die Sprungschicht zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit. Hier gibt es kalkbildende Mikroorganismen, die jeweils genau in diesen Wasserschichten zu Hause sind – zwei Arten von planktischen Foraminiferen. Sie bauen das Element Magnesium im Verhältnis zur vorherrschenden Ozeantemperatur in ihre Gehäuse ein und werden deshalb für die Bestimmung der Wassertemperaturen der Vergangenheit genutzt. Denn ihre Fossilien findet man in Meeressedimenten. Wir haben deswegen bei mehreren Expeditionen in den Meeresboden gebohrt, um diese Fossilien zu bergen.

Wie datieren Sie die Bohrkerne?

Mikroskopaufnahme eines runden Gebildes mit einer löchrigen und rauen Oberfläche

Fossilien von kalkbildenden Mikroorganismen

Je tiefer man bohrt, umso tiefer blickt man in die Vergangenheit. Und um die einzelnen Abschnitte möglichst genau zu datieren, verwenden wir verschiedene Methoden. Für die letzten 40 000 Jahre ist die Analyse des Radiokohlenstoffs 14C in den Bohrkernen am gängigsten. Der Gehalt des Kohlenstoffisotops gibt dann Aufschluss über das Alter der Fossilien. Dann gibt es noch unabhängige Altersmarkierungen wie Aschelagen von großen Vulkanausbrüchen, von denen man weiß, wann sie stattgefunden haben. Und für die Datierung noch älterer Zeitabschnitte nutzen wir Variationen in der Atommasse des Sauerstoffs, sogenannte Isotope, und gleichen sie mit Referenzkurven ab. Bei unserer Studie haben wir so 360 000 Jahre in die Vergangenheit geblickt.

Was haben Sie dabei festgestellt?

Der Wärmeinhalt des Indopazifischen Wärmebeckens hat sich in der Vergangenheit mit den Erdumlaufparametern geändert. Denn die Bahn der Erde um die Sonne ist mal länglicher, mal runder – das verursacht wiederkehrende Warm- und Kaltzeiten und damit Schwankungen in der Eisausdehnung auf der Erde. Auch die Schiefe der Erdachse und ihre Richtung – man spricht von Obliquität und Präzession – ändern sich zyklisch. Das wirkt sich auf den Einfallswinkel der Sonnenstrahlung und demnach auf die Jahreszeiten aus. In unserer Studie sahen wir, dass die Temperatur der Sprungschicht in 200 Metern Meerestiefe zyklisch alle 23 000 Jahre beziehungsweise 41 000 Jahre schwankte – entsprechend der Schiefe und Richtung der Erdachse. Die Oberflächentemperatur des Ozeans hatte diese Zyklen auch, aber dazu kam noch eine weitere Komponente alle 100 000 Jahre. Das entspricht dem Wechsel zwischen Eiszeiten und Warmzeiten aufgrund der Änderungen der Erdumlaufbahn. Um das Zusammenspiel der unterschiedlichen Faktoren genau zu verstehen, haben wir zwei Klimamodelle genutzt und die Simulationsergebnisse mit unseren Daten verglichen. Daraus konnten wir ableiten, dass der Wärmeinhalt des Indopazifischen Wärmebeckens nur zu etwa 30 Prozent von den Änderungen der Eisausdehnung und der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre gesteuert wird und der Rest durch die Richtung und Schiefe der Erdachse zu erklären ist.

Wie haben sich diese Veränderungen in der Vergangenheit auf das regionale Klima ausgewirkt?

Um das zu untersuchen, haben wir unsere Daten mit der Intensität der Monsunniederschläge in Ostasien während dieses Zeitraums verglichen. Dazu haben wir bereits publizierte Daten genutzt. Dort wurden die Regenfälle in China anhand von Isotopenmessungen in Tropfsteinen rekonstruiert. Auch hier ist die Präzession der Erdachse der Parameter, der die Niederschlagsvariationen am stärksten beeinflusst – so wie bei der Wassertemperatur in 200 Metern Tiefe. Immer wenn das Indopazifische Wärmebecken wärmer wurde, sind demnach die Monsunregenfälle über Ostasien intensiver ausgefallen. Die Erklärung ist, dass die Luft durch die hohe Temperatur und Feuchte schnell aufsteigt. In dieses Tiefdruckgebiet strömen dann Luftmassen aus anderen Regionen des Pazifiks, die zusätzliche Feuchtigkeit in die Region bringen, was letztlich die Intensität des Monsuns verstärkt.

Welche Bedeutung haben Ihre Erkenntnisse mit Blick auf den menschengemachten Klimawandel?

Erstens war diese Arbeit eine Art Test für unsere Klimamodelle – denn mit den gleichen Klimamodellen, mit denen wir in die Vergangenheit blicken, machen wir auch Prognosen für die Zukunft. Das sind die Projektionen, die in den Berichten des Weltklimarats auftauchen. In unserer Studie haben wir gesehen, dass die Modelle in der Region relativ gut funktionieren. Zweitens kann man an unseren Forschungsergebnissen sehen, was passiert, wenn sich das Indopazifische Wärmebecken in Zukunft durch den Klimawandel erwärmt: Die Wärme und Feuchte werden auf das Land übertragen und die Monsunregenfälle über Ostasien intensiver ausfallen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/atmosphaere/klimaforschung/klimaforschung-die-monsunregenfaelle-ueber-ostasien-werden-intensiver/