Warum gibt es Jahreszeiten?

Sven Titz

Die Aufnahme zeigt einen Baum auf einer Wiese. Das Foto ist viergeteilt und zeigt den Baum jeweils zu einer anderen Jahreszeit.

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Der Grund für den Wechsel von Winter, Frühling, Sommer und Herbst ist die schief stehende Erdachse. Doch auch andere Faktoren beeinflussen die jahreszeitlichen Schwankungen des Wetters.

Die Erde dreht sich bekanntlich um sich selbst und kreist gleichzeitig um die Sonne. Die Achse unseres Planeten ist dabei um 23,5 Grad gegenüber der Rotationsachse seiner Bewegung um die Sonne geneigt. Während des jährlichen Umlaufs schwanken dadurch sowohl der Einfallswinkel des Sonnenlichts als auch die Tagesdauer – an jedem Punkt der Erde: In der einen Jahreshälfte ist die Nordhalbkugel gen Sonne geneigt, in der anderen Hälfte die Südhalbkugel. Je höher der Sonnenstand und je länger der Tag, desto mehr erwärmt sich die Luft. Infolgedessen entsteht in den mittleren und hohen Breiten der bekannte Zyklus der Jahreszeiten.

Auf der Nordhalbkugel erreicht die Sonne den höchsten Stand um den 21. Juni herum. Dann sind die Tage am längsten. Anschließend nimmt die Tagesdauer ab, und in der Zeit um den 22. September kommt es zur Tagundnachtgleiche: Tag und Nacht sind genau gleich lang – überall auf der Erde. Die Nacht um den 21. Dezember herum ist schließlich am längsten, und die Sonne steht selbst mittags nicht sehr hoch über dem Horizont. Nördlich des Polarkreises verschwindet sie sogar vollständig. Nach der sogenannten Wintersonnenwende rückt der Frühling näher – die Tage werden länger und die Sonne steigt immer höher. Um den 21. März herum herrscht erneut eine Tagundnachtgleiche. Mit der nächsten Sommersonnenwende endet der Zyklus.

Auf der Südhalbkugel verhält es sich genau spiegelverkehrt: Die Wintersonnenwende ist dort um den 21. Juni herum, die Sommersonnenwende in der Zeit um den 21. Dezember. Bis auf die Tatsache, dass die Jahreszeiten um sechs Monate verschoben sind, gibt es aber keinen Unterschied zur Nordhalbkugel. Eine Ausnahme bilden die Tropen: Jahreszeiten wie in den mittleren und hohen Breiten sind dort unbekannt; stattdessen gibt es dort Regenzeiten. Zwischen den beiden Wendekreisen, die bei 23,5 Grad nördlicher und südlicher Breite parallel zur Äquatorebene verlaufen, steht die Sonne immer ziemlich hoch.

Man könnte annehmen, dass es in unseren Breiten zur Wintersonnenwende am kältesten und zur Sommersonnenwende am wärmsten ist. Doch tatsächlich sind die Jahreszeiten, die wir auf der Nordhalbkugel wahrnehmen, gegenüber den astronomischen Daten zeitlich verschoben: Die kältesten Wintermonate folgen immer erst nach der Wintersonnenwende, die wärmsten Sommermonate nach der Sommersonnenwende. Und das liegt an der hohen Wärmekapazität von Wasser.

Umlauf der Erde um die Sonne

Im Frühling steht die Sonne hoch über dem Horizont und ihr Licht fällt in einem steilen Winkel auf die Oberfläche von Ozeanen und Seen. Dadurch heizen sich die Wassermassen deutlich mehr auf als in den Wintermonaten. Da Wasser pro Volumen wesentlich mehr Wärme aufnehmen kann als beispielsweise Luft, dauert das Aufheizen allerdings monatelang. Die höchsten Wassertemperaturen sind daher erst gegen Ende des Sommers zu erwarten. Die Luft, die über das Meer streicht und dessen Temperatur annimmt, strömt anschließend über das Land. Aus diesem Grund verzögert sich auch die Erwärmung über den Kontinenten.

Die nachhinkende Erwärmung des Meerwassers ist auch dafür verantwortlich, dass das arktische Meereis sein Minimum immer erst im September erreicht, nicht schon im Juni. Außerdem lässt sich so erklären, warum sich die Jahreszeiten auf der Südhalbkugel weniger voneinander unterscheiden als auf der Nordhalbkugel: Der Meeresanteil an der Erdoberfläche ist dort wesentlich höher. Das dämpft den Jahresgang der Temperaturen.

Die kalendarischen Daten der Jahreszeiten orientieren sich an den astronomischen Wendepunkten – also an vier unterschiedlichen Abschnitten der Erdumlaufbahn. Durch diese Definition fallen die Jahreszeiten allerdings unterschiedlich lang aus – denn der Orbit unseres Heimatplaneten ist leicht elliptisch geformt und dadurch schwankt die Umlaufgeschwindigkeit der Erde: Anfang Januar erreicht sie ihren sonnennächsten Punkt und ist am schnellsten unterwegs, Anfang Juli – wenn sie den sonnenfernsten Punkt passiert – dagegen am langsamsten. Darum dauert der kalendarische Sommer 94 Tage. Der Frühling hat eine Länge von 93 Tagen. Herbst und Winter sind hingegen 89 Tage kurz.

Meteorologen legen die vier Jahreszeiten auf andere Weise fest. Sie richten sich nach der Einteilung des Jahres in zwölf Monate und den klimatischen Bedingungen, die in ihnen herrschen. Der Frühling zum Beispiel dauert für Meteorologen vom 1. März bis zum 31. Mai, während er kalendarisch betrachtet erst drei Wochen später folgt.

Zu viel Bedeutung sollte man den unterschiedlichen Definitionen der Jahreszeiten nicht beimessen. Letztendlich gehen die vier Jahreszeiten kontinuierlich ineinander über. Wir Menschen haben diesen Verlauf nur künstlich in vier Abschnitte unterteilt. Eine Zweiteilung in ein Winterhalbjahr und ein Sommerhalbjahr wäre ebenso gut möglich gewesen.


Warum die Erdachse geneigt ist

Die Ilustration zeigt acht Planeten und ihre Umlaufbahnen um die Sonne.

Planeten im Sonnensystem

Die Erde entstand vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren in einer riesigen Gas- und Staubscheibe, die um die noch junge Sonne kreiste. In dieser Anfangsphase des Sonnensystems kam es immer wieder zu Kollisionen zwischen den Vorläufern der Planeten, die sich allmählich in der Materiescheibe formten. Durch solche Zusammenstöße neigte sich die Rotationsachse der Planeten gegenüber der Ebene, in der sie die Sonne umrunden – auch die der Erde.

Die stärkste Achsneigung unter den Planeten besitzt die Venus mit 177 Grad; praktisch keine Neigung weist die Rotationsachse des Merkur auf. Die Achsneigung des Mars ist mit 25 Grad der terrestrischen ganz ähnlich.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/warum-gibt-es-jahreszeiten/