Ein Komet wie jeder andere

Rainer Kayser

Komet mit Koma und kleinem Schweif

P. Guzik et al./Gemini Observatory/NSF/AURA

Der im August 2019 entdeckte Komet 2I/Borisov ist das zweite bekannte Objekt, das aus dem interstellaren Raum in unser Sonnensystem eindrang. Der erste interstellare Himmelskörper – der Asteroid Oumuamua – sorgte vor zwei Jahren insbesondere aufgrund seiner langgestreckten Form für Erstaunen. 2I/Borisov überrascht nun dadurch, dass er sich nicht von den Kometen unseres Sonnensystems unterscheidet, wie ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Nature Astronomy“ berichtet.

Die Planeten, Asteroiden und Kometen im Sonnensystem umkreisen die Sonne auf elliptischen Bahnen. Interstellare Objekte weisen dagegen eine offene, hyperbolische Bahn auf. Mit seinem selbstgebauten Teleskop auf der Krim entdeckte der Amateurastronom Gennady Borisov einen bislang unbekannten Himmelskörper. Weitere Beobachtungen zeigten, dass es sich nicht – wie zunächst angenommen – um einen erdnahen Asteroiden, sondern um ein Objekt auf einer solchen hyperbolischen Bahn handelt. Am 8. September wurden Piotr Guzik von der Universität Krakau in Polen und seine Kollegen von einer automatischen Überwachungssoftware auf das Objekt aufmerksam gemacht. Bereits zwei Tage später beobachteten die Astronomen den Himmelskörper mit zwei Großgeräten, dem William Herschel Teleskop auf La Palma und dem Gemini-Observatorium auf Hawaii.

Diese ersten jetzt veröffentlichten Beobachtungen zeigen, dass das Objekt eine Koma und einen Schweif aus Gas und Staub besitzt. Es handelt sich also tatsächlich um einen Kometen. Der Komet unterscheide sich weder im Aussehen noch in seiner Farbe von „einheimischen“ Kometen, so die Forscher. Und auch die Größe des Kometenkerns liege mit etwa einem Kilometer völlig im Bereich des Üblichen. 2I/Borisov bewegt sich derzeit auf die Sonne zu – im Gegensatz zu Oumuamua, den die Himmelsforscher erst bemerkten, als er sich bereits wieder von der Sonne entfernte. So bleiben den Astronomen viele Monate, um den Kometen aus dem fernen Weltraum zu beobachten und vielleicht doch noch Unterschiede zu Kometen unseres Sonnensystems zu finden. Die genaue chemische Zusammensetzung des Objektes könnte, so die Wissenschaftler, sogar Hinweise auf seine ursprüngliche Heimat liefern.

„Die Existenz interstellarer Kometen, die in unser Sonnensystem eindringen, wurde seit Jahrzehnten vorhergesagt“, erläutert Guzik. Die Entdeckung von Oumuamua vor zwei Jahren war daher für sich genommen keine große Überraschung. Überraschend war für die Himmelsforscher jedoch, dass sich das Objekt nicht wie ein Komet verhielt – also in der Nähe der Sonne keinen Schweif ausbildete – und eine extrem langgestreckte Form besaß. Damit glich Oumuamua anders als 2I/Borisov keinem bekannten Körper in unserem Sonnensystem.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/ein-komet-wie-jeder-andere/