Wasser übersteht die Entstehung der Sterne

Rainer Kayser

Scheibe im All, die in der Mitte einen goldenen Kern hat, der erst von einer gelben und dann von einer blauen Fläche umgeben ist

ESO/L. Calçada

Das Wasser in den Ozeanen der Erde ist vermutlich älter als unser Sonnensystem. Zu diesem Schluss kam ein Forschungsteam anhand von Beobachtungen eines 1300 Lichtjahre entfernten Sterns. Der noch sehr junge Stern ist von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben, die auch Wasser enthält – und dieses Wasser ist gleich wie Eis vor und nach einer Sternentstehung zusammengesetzt, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Wasser ist nicht nur wichtig für die Entstehung und Entwicklung von Leben, sondern auch für die Bildung vieler Mineralien. Deshalb wollen Astronominnen und Astronomen herausfinden, wo Wasser herkommt und wie es bis in die Ozeane und Eishüllen von Planeten und Monden gelangt ist. Seit langem ist bekannt, dass Wasser bereits in Gas- und Staubansammlungen zwischen den Sternen existiert: den interstellaren Wolken, aus denen dann Sterne entstehen. Dort lagert es sich als Eis auf kleinen Staubkörnchen ab. Außerdem geht man davon aus, dass Kometen und Asteroiden Wasser später zur Erde gebracht haben.

Unklar war bislang, was mit dem Eis während der Sternentstehung geschieht. Dies haben John Tobin vom National Radio Astronomy Observatory in den USA und sein Team jetzt anhand des Sterns V883 Orionis untersucht. Er ist – wie die junge Sonne vor Milliarden von Jahren – von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Dort entstehen im Lauf von Millionen von Jahren Kometen, Asteroiden und schließlich Planeten. Diese Scheibe hat das Team mit der Teleskopanlage ALMA in Chile beobachtet. Das Problem: Eis ist schwer nachweisbar – erst wenn das Wasser verdampft, verrät es sich durch seine Strahlung. Allerdings ist es normalerweise nur sehr nahe an jungen Sternen heiß genug, dass Wasser verdampft.

Parabolantennen in der Wüste unter einem Sternenhimmel, an dem sich die Milchstraße abzeichnet.

Die Radioteleskopanlage ALMA

Doch bei V883 Orionis ist das anders: Denn der Stern erlebt gerade einen starken Anstieg seiner Helligkeit. Dadurch wird es in der Scheibe um den Stern auch noch in so weiter Ferne heiß genug, dass sich das dort verdampfende Wasser mit ALMA messen lässt. Und wie die Analysen mit der Teleskopanlage zeigen, enthält etwa jedes fünfhundertste Wassermolekül Deuterium, eine schwere Variante anstelle des normalen, leichten Wasserstoffatoms. Das entspricht dem Anteil, wie er in interstellaren Gaswolken, aber auch in vielen Kometen in unserem Sonnensystem vorkommt.

Daraus schließen Tobin und sein Team, „dass Scheiben um junge Sterne ihr Wasser direkt aus den Wolken erben, aus denen sie entstehen.“ Dieses Wasser werde dann beinahe unverändert zum Bestandteil von Kometen und anderen eishaltigen Himmelskörpern – und gelange von dort schließlich zu neu entstandenen Planeten. Insgesamt enthält die Scheibe um V883 Orionis mehr als 1200-mal so viel Wasser wie alle irdischen Ozeane zusammen. Es könnte sogar sehr viel mehr sein, betonen die Forschenden, denn ihre Messungen erfassen weder Wasser sehr nahe am Stern noch Wassereis weiter draußen in der Scheibe.

Zoom in die Gas- und Staubwolke um V883 Orionis

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/astrophysik-wasser-uebersteht-die-entstehung-der-sterne/