Wenn junge Sterne Magnetfelder abstoßen

Rainer Kayser und Redaktion

Von einem Stern im All geht ein heller Ring aus, der mehrere vertikal verlaufende Linien umfasst

ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Bevor junge Sterne entstehen, stoßen sie überschüssige magnetische Felder ab. Zu diesem Schluss gelangte ein Forschungsteam, nachdem es fontänenähnliche Ausstöße von Gas, Staub und Magnetfeldern in einem entstehenden Stern entdeckt hatte. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“ schreiben, könnte dieses Phänomen eine wichtige Rolle bei der Sternentstehung spielen.

Sterne entstehen in großen Wolken aus Gas und Staub, die sich durch ihre eigene Schwerkraft langsam zusammenziehen. In besonders dichten Regionen bilden sich so Protosterne. Dabei handelt es sich um Vorläufer von Sternen, zumeist umgeben von rotierenden Scheiben aus Gas und Staub. Während dieser Prozesse verstärkt sich allerdings auch das in der ursprünglichen Wolke zunächst schwache Magnetfeld.

Sterne und Gasnebel in einem engen Band bilden die Milchstraße. Im Vordergrund stehen 6 der 66 ALMA-Teleskope, die zum Himmel gerichtet sind.

ALMA und die Milchstraße

„Wenn dieses Magnetfeld bei der Sternentstehung so erhalten bliebe, wäre es um viele Größenordnungen stärker als die Magnetfelder, die man tatsächlich bei jungen Sternen beobachtet“, erläutert Kazuki Tokuda von der Universität Kyushu in Japan. Ein entstehender Stern muss also auf bislang unbekannte Weise einen großen Teil seines Magnetfeldes verlieren.

Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, nutzten Tokuda und sein Team das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array, kurz ALMA – eine Teleskopanlage aus 66 Antennen in der chilenischen Atacamawüste. Mit ihr messen Astronominnen und Astronomen Radiowellen, die sich besonders gut eignen, um entstehende Sterne zu beobachten. Im Visier der Forschenden war die 450 Lichtjahre entfernte Sternentstehungsregion MC 27 im Sternbild Stier. Dort untersuchten sie einen kleinen Protostern, also einen entstehenden Stern, der von einer rotierenden Scheibe umgeben ist.

Plötzliche Ausstöße des Magnetfelds

„Als wir die Daten weiter analysierten, stießen wir auf etwas ganz Unerwartetes“, berichtet Tokuda: „Spitze Strukturen, die weit aus dieser Scheibe herausragen.“ Wie sich zeigte, bestehen diese Strukturen aus Gas und Staub, die aus der Scheibe ausgestoßen und von starken Magnetfeldern mitgerissen werden. Auslöser seien möglicherweise Instabilitäten, bei denen sich Teile des Magnetfelds lösen. Das Team bezeichnet diese Ereignisse als „Nieser“, weil sie ähnlich wie das Niesen bei Menschen plötzlich und schnell erfolgen. Durch sie lässt sich erklären, warum das Magnetfeld junger Sterne schwächer als das von Protosternen ist.

Gas und Staub fanden Tokuda und sein Team zudem auch weiter von dem Protostern und seiner Scheibe entfernt. Dabei handelt es sich vermutlich um frühere Ausstöße. Solche Ereignisse passieren also nicht nur einmalig, sondern offenbar häufiger. Sie könnten daher ein wichtiger Mechanismus sein, der das Magnetfeld bei einem entstehenden Stern immer wieder abschwächt. Wie das Phänomen genau zustande kommt, ist jedoch noch nicht klar – das wollen die Astronominnen und Astronomen nun mit weiteren Beobachtungen herausfinden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/sternentstehung-wenn-junge-sterne-magnetfelder-abstossen/