Keine Lebenszeichen in der Atmosphäre der Venus

Rainer Kayser

Felsige Planetenoberfläche vor dunklen Hintergrund

NASA/JPL

Verglichen mit der Erde ist die Venus ein lebensfeindlicher Planet – mit etwa dem hundertfachen Druck und einer Temperatur um 450 Grad Celsius auf der Planetenoberfläche. Doch in der dichten Atmosphäre der Venus, in einer Höhe von 50 bis 60 Kilometern, herrschen eine Temperatur und ein Druck, die denen an der Erdoberfläche ähneln. Seit langem spekulieren Astrobiologen daher, ob dort nicht zumindest bakterielles Leben existieren könnte. Diese Hypothese musste ein Forschungsteam nun jedoch verwerfen. Der Stoffwechsel solcher Mikroben wäre nicht mit der beobachteten Zusammensetzung der Venusatmosphäre in Einklang zu bringen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“.

„Wir haben zwei Jahre damit zugebracht, die seltsame, auf Schwefel basierende Chemie in den Wolken der Venus zu erklären“, erläutert Paul Rimmer von der University of Cambridge. Denn insbesondere die Häufigkeit von Schwefeldioxid in der Atmosphäre der Venus ist rätselhaft. Auf der Erde stammt Schwefeldioxid hauptsächlich aus Vulkanen. Auch auf der Venus gibt es aktive Vulkane, die Schwefeldioxid in die Atmosphäre blasen könnten. Doch der Anteil dieses Gases ist lediglich in der unteren Wolkenschicht hoch – darüber nimmt er rapide wieder ab. Irgendein Prozess müsse dort also das Schwefeldioxid verbrauchen, so Rimmer und seine Kollegen.

„Leben ist ziemlich gut darin, eine seltsame chemische Zusammensetzung zu erzeugen. Deshalb haben wir nach Wegen gesucht, mithilfe von Bakterien die Beobachtungen zu erklären“, erläutert Rimmer. Die Idee der Forscher: Das Schwefeldioxid dient Bakterien in der temperierten Region der Atmosphäre als Nahrung und Energiequelle. Die Wissenschaftler stellten also eine Liste möglicher Stoffwechselreaktionen auf der Basis von Schwefeldioxid auf, um zu sehen, ob sich damit die Reduktion des Gases erklären ließe. Und damit waren sie zunächst erfolgreich: Bakterien könnten tatsächlich den Anteil an Schwefeldioxid reduzieren, sodass er mit zunehmender Höhe absinkt.

Doch der vermeintliche Erfolg hat einen Haken: Ein solcher Stoffwechsel produziert stets Ausscheidungen – andere Moleküle, die jedoch in der Venusatmosphäre nicht vorhanden sind. Somit mussten die Forscher ihre Hypothese wieder verwerfen. „Unsere Modelle zeigen, dass es nicht funktioniert“, so Rimmers Kollege Sean Jordan. „Sie verstoßen gegen alles, was wir über die Atmosphäre der Venus wissen.“

Damit bleibt das Rätsel des Schwefeldioxids in der Venusatmosphäre weiterhin ungelöst. Die Forscher wollen nun nichtbiologische Ansätze für die seltsame Chemie in den Wolken des Planeten untersuchen. Außerdem hoffen sie, ihre Methode schon bald auch auf Planeten bei anderen Sternen anwenden zu können. Mit dem neuen James-Webb-Weltraumteleskop beispielsweise könnten sich dort Schwefelverbindungen nachweisen lassen. „Das, was wir bei der Venus gelernt haben, können wir dann auch bei Exoplaneten anwenden“, so Rimmer.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-keine-lebenszeichen-in-der-atmosphaere-der-venus/