Nanostruktur menschlicher Knochen entschlüsselt

Jan Oliver Löfken

Wegen ihres komplexen Aufbaus sind Knochen sehr fest und zugleich elastisch. Außen bestehen sie aus kompaktem Knochengewebe und im Innern findet sich ein schwammartiges Gerüst. Materialforschern gelang nun der bisher genaueste Blick in den Aufbau von menschlichen Knochen. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, konnten sie den Knochenaufbau aus harten Mineralen und flexiblen Proteinen bis auf die Nanoebene entschlüsseln.

Hochaufgelöste Mikroskopaufnahme von Knochengewebe: Winzige Fasern ordnen sich zu grob parallel ausgerichteten fedrigen Bündeln zusammen.

Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop

Im Wesentlichen bilden Knochen ein Verbundmaterial aus zwei Substanzen – aus dem flexiblen Strukturprotein Kollagen und den harten Kristallen des Minerals Apatit. Durch einen speziellen Aufbau der beiden Stoffe erreichen Knochen mechanische Eigenschaften, die besser sind als die der Substanzen allein. Diesen speziellen Aufbau analysierten Wissenschaftler um Roland Kröger von der University of York in England mit bisher unerreichter Genauigkeit: Mithilfe der Elektronentomografie und der Rasterelektronenmikroskopie untersuchte das Team etwa hundert Nanometer dünne Schnitte eines Oberschenkelknochens.

Indem die Forscher verschiedene zwei- und dreidimensionale Aufnahmen kombinierten, erreichten die Bilder eine räumliche Auflösung von wenigen Nanometern. Die Aufnahmen zeigen, dass sich das weiche Kollagen und das harte Apatit in zwölf aufeinanderfolgenden Stufen zu fraktalartigen Strukturen zusammensetzen: Zuerst verbinden sich die Kollagenmoleküle zu in sich gewundenen Mikrofasern. Gleichzeitig formen die Apatitkristalle kleine Nanoplättchen, die wiederum winzige Stapel bilden. Die beiden Strukturen – die weichen Kollagenfasern und die harten Apatitstapel – verknüpfen sich zu wenige Mikrometer großen Fasern. Diese Fasern verdrillen sich zu noch größeren Faserbündeln. Mehrere solcher Faserbündel bilden spezielle Lamellenstrukturen, die dann als Bausteine für wenige Millimeter große Lamellenpakete in der Knochenstruktur dienen.

Mit den neuen Erkenntnissen können Forscher die mechanischen Eigenschaften des im Körper stets nachwachsenden Gewebes besser verstehen. Anwendungen sind beispielsweise im medizinischen Bereich bei der Optimierung des Knochenaufbaus von Patienten denkbar. Und auch in der Entwicklung hochfester und zugleich flexibler bionischer Werkstoffe könnten die neuen Daten nützlich sein.

Natalie Reznikov/Science

Animation der Knochenstruktur von makroskopischer Größe bis hin zu Nanostrukturen

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2018/nanostruktur-menschlicher-knochen-entschluesselt/